In den letzten Tagen erhitzt die Frage, ob Apotheker zukünftig impfen sollten, die Gemüter der Ärzte auf coliquio. Angestoßen wurde die Diskussion von europäischen Pharmaziestudenten, die fordern, dass es Apothekern aller EU-Mitgliedstaaten erlaubt werden soll, Impfungen durchzuführen (www.deutsche-apotheker-zeitung... ).

Eine solche Maßnahme könne beispielsweise die vom Europäischen Rat angestrebte Influenza-Durchimpfungsrate von 75 Prozent unterstützen (eur-lex.europa.eu/legal-conten… ).

In der Diskussionsrunde ist sich die klare Mehrheit der Kollegen einig: Impfungen gehören in die Hände von Ärzten. Lesen Sie hier einige Statements aus der Diskussion, um zu erfahren, welche Bedenken und Einwände die Ärzte haben:

Immer wieder wird betont, dass Apotheker bei impfabhängigen allergischen Reaktionen oder bei anderen Impfkomplikationen handlungsunfähig seien und somit die Sicherheit des Patienten nicht gewährleistet werden könne:

„Das kommt sowieso nicht durch. Wer behandelt eine evtl. allergische Reaktion bei der Impfung oder andere Komplikationen? Bei uns dürfen die Schwestern ja auch nicht impfen, wenn kein Arzt anwesend ist.“

 

Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Auch die fehlende Aufklärung über Indikation und Kontraindikation der Impfung und die fehlenden Dokumentationsmöglichkeiten des Apothekers werden thematisiert:

„Die Risiken und Nebenwirkungen einer solchen Vorgehensweise sehe ich in:

 

  1. der Abgabe eines Rezeptpflichtigen AM auf Kosten der Krankenkasse durch einen Nichtmediziner
  2. Die Beratung über Indikation und Kontraindikation einer Impfung übernimmt der, der an der Impfung verdient. Da machen wir sprichwörtlich den Bock zum Gärtner
  3. Anstelle das Vertrauen in die Impfung durch eine sachliche Argumentation und Herausstellung von gesundheitlichen Vorteilen vor den Risiken zu stärken, wird dieser Schuss auf schnelles Geld abgefeuert.“ […]“

 

Facharzt für Innere Medizin

„Der Hausarzt und Kinderarzt kennt seine Patienten seit Geburt, führt die Krankenakten, trägt somit auch alle Impfungen dort ein. In den Impfausweisen sind auch oft Impfungen nicht eingetragen worden, weil der Impfausweis vom Patienten nicht mitgebracht wurde. Im diesem Sinne gehört ein verantwortungsbewusste Impfung in die Hände des Haus-/Kinderarztes, denn er kennt seine Patienten am besten. Bei Grippeimpfungen sieht es anders aus, dort werden die Impfungen jährlich aufgefrischt. Aber aufgepasst: bei Grippeimpfungen kann es auch zu Impfreaktionen kommen (Allergiker etc). Hier kann der Apotheker schnell überfordert werden. Also: besser Impfungen in den Händen der Ärzte lassen!“

 

Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin

Mehrere Kollegen betonen die Lukrativität der Impfung für die Apotheker und fordern im Gegenzug das Dispensierrecht für Ärzte: die Impfberatung übernähmen dann die, die auch an der Impfung verdienen. Anstelle der Stärkung des Vertrauens in die Impfung stehe dann das schnelle Geld im Fokus.

„So wie Ärzte kein Dispensierrecht (mehr) haben – und das aus gutem Grund – sollen und dürfen die Apotheker natürlich nicht behandeln (was sie leider schon viel zu oft tun). Wenn sie jetzt auch noch impfen, macht man endgültig den Bock zum Gärtner. Aber eins haben die Apotheker, neidvoll anerkennend, gelernt: betriebswirtschaftlich denken und handeln!“

 

Facharzt für Allgemeinmedizin

Ein anderer Kollege fragt ironisch in die Runde: Erst die Pille danach, jetzt impfen und morgen operieren die Apotheker? Seine Kritik richtet sich bereits gegen das Verschreiben der Pille danach, da es keinerlei Option in der Apotheke gibt, Schwangerschaftstests durchzuführen. Auch er sieht, wie die Vielzahl der Kollegen, die Möglichkeiten der Aufklärung, Aufbewahrung und Dokumentation vor Ort als nicht gegeben an.

„Es wird doch alles immer verrückter, erst Pille danach, jetzt impfen. Morgen vielleicht operieren? In den Empfehlungen der Pidana steht, vorher sollte ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden. Ich habe aber in noch keiner Apotheke eine öffentliche Toilette gefunden, wo die Apotheker diesen durchführen könnten. Über Aufklärung und Aufbewahrung der Dokumentation, Ort der Durchführung…mag ich gar nicht nachdenken. Der einzige Vorteil, sie haben in ihren Schubkästen genug Medikamente für die Reanimation.“

 

Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Ein Kollege meint, wenn Apotheker impfen, dann gibt er seinen Job auf und macht etwas, bei dem er für viel weniger Stress das gleiche Gehalt bekomme:

„An anderer Stelle diskutiert: Impfung bei bestehender Encephalomyelitis disseminata, wie sieht es da aus, kann man generell impfen, welche Immunsuppressiva würden welche Impfung unmöglich machen etc. pp. Wie sieht es bei sonstigen Grunderkrankungen aus, Allergien etc. Wenn das ein Apotheker kann, dann geb ich meinen Job auf und mache etwas, bei dem ich für viel weniger Stress das gleiche Gehalt bekomme.“

 

Facharzt für Neurologie

Vereinzelt sind auch positive Gedanken der Ärzte zu hören, die jedoch schnell mit heftiger Kritik gekontert werden:

„Also, ‚mein‘ Apotheker ist ein gelassener Pragmatiker, unkompliziert, fähig. Hat mir schon oft diverse Dinge empfohlen und von anderen ehrlich abgeraten. So jemand wie er könnte Patienten (theoretisch) zuverlässig impfen, weil er sie nämlich bei der kleinsten Unklarheit weiter zum Arzt verweisen würde, ohne sich einen Zacken aus der Krone zu brechen. Es impfen auch Ärzte, die schon ewig (!) keine Notfall-Fortbildung mehr gemacht haben…“

 

Facharzt für Neurologie

Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren