Wir müssen von Start-ups lernen, Prozesse beschleunigen und die Chancen nutzen, die in Big Data liegen – der zweite coliquio Summit am 17. November widmete sich essentiellen Themen. Die Gastgeber Martin Drees und Felix Rademacher, Gründer und Geschäftsführer von coliquio, begrüßten 130 Vordenker und Entscheider der Pharmabranche im Berliner Microsoft Atrium, um zu diskutieren, was in den kommenden 12 Monaten wichtig wird.

„Disruptive is the new normal“

Keynote Speaker Matthias Wahl vom Bundesverband Digitale Wirtschaft e. V. machte bereits zum Auftakt deutlich: es gibt noch viel zu tun. Unter dem Eindruck disruptiver Marktveränderungen sei jetzt Schnelligkeit gefragt, denn, so Wahl: „Heute frisst nicht der Große den Kleinen, sondern der Schnelle frisst den Langsamen.“

Gerade etablierte Unternehmen seien aber nicht in der Lage, sich schöpferisch komplett neu zu erfinden. Deswegen brauchen Unternehmen eine „Beta-Mentalität“:  die Bereitschaft, Bewährtes in Frage zu stellen und konsequent zu lernen.

Erkenntnisse aus Big Data sind richtungsweisend

Dass Pharma die Notwendigkeit, neue Wege zu gehen erkannt hat, war Konsens in der anschließenden Podiumsdiskussion. Denn die Ansprüche der Patienten haben sich völlig verändert, so Dr. Kai Joachimsen: „Heute sucht sich der Kunde auf Online-Plattformen das beste Angebot zur besten Zeit – Pharma ist hiervon noch weit entfernt“.

Dass Big Data wertvolle Erkenntnisse über die Zielgruppe liefern kann, verriet Dr. Ina Baumann, ARAG SE. Ihre Überzeugung: wir können heute ganz genau messen, welche Strategie funktioniert und welche nicht – auch ohne die Grenzen des Datenschutzes zu verletzen. Auch Dr. Werner Föller von Shire stimmt dem zu und weist darauf hin, dass der Patient im Mittelpunkt stehen muss: „Digitale Kommunikation findet heute dann statt, wenn es der Kunde will“. Datengestützte Erkenntnisse zu nutzen­­ – so der Tenor der Runde – ist eine echte Chance. Nur für den, der sie nicht nutzt, wird Big Data zur Bedrohung.

Was Pharma von der Vollkorn-Economy lernen kann zeigten mymuesli und minubo

Strategie und Planung ist nicht alles – manchmal ist es zielführender, einfach Annahmen zu treffen und zu testen. Was zunächst nach einem unkalkulierbaren Risiko klingt, wurde für den Online-Händler mymuesli zum Erfolgsrezept. Mitbegründer Max Wittrock machte Mut, sich von starren Maßnahmen- und Budgetplänen zu trennen und stattdessen Dinge auszuprobieren und – ganz wichtig – den Erfolg zu messen. Sein Sparring Partner Lasse Klüver, minubo, knüpfte daran an: „Die allermeisten Unternehmen haben keine Transparenz darüber, wie die verschiedenen Vertriebskanäle einander beeinflussen“. Wer Daten systematisch auswerte und seine Strategie immer wieder an die Anforderungen des Marktes anpasse, sei den meisten Wettbewerbern einen Riesenschritt voraus.

Mehr Insights für den Außendienst durch coliquio connect

Eine umfassende Lösung zur erfolgreichen Arzt-Pharma-Kommunikation war das Thema von Gastgeber Felix Rademacher. Er gab einen Einblick, was sich coliquio in den kommenden 12 Monaten zum Ziel gesetzt hat: den Austausch und Informationsbedarf von Ärzten und Pharmaunternehmen zu optimieren. Inhalte werden noch spezifischer ausgespielt, damit die einzelnen Facharztgruppen gezielt erreicht werden. Umgekehrt erhalten Pharmaunternehmen die Chance, noch detaillierter auf die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe einzugehen – und das nicht nur online, sondern auch im Face2Face-Kontakt. Möglich macht es coliquio connect, ein Tool, mit dem Pharmareferenten den Mehrwert ihrer Arbeit für Ärzte steigern können.

Wie das genau funktioniert, schilderte Kerstin Dehn, Vifor Pharma. Sie begleitete die Entwicklung von connect in der Pilotphase und teilte ihre Erfahrungswerte: „Der Außendienst will wissen, was online kommuniziert wird. Welche Artikel sind gerade im Infocenter online? Was wird diskutiert und was ist die reale Meinung der Ärzte?“ Entsprechend positiv fiel der Test aus, und die teilnehmenden Außendienstmitarbeiter bewerteten das Tool als relevant für ihren beruflichen Alltag.

Orchestriertes Marketing ist die Zukunft

Die Vernetzung von digitalen Kanälen und Face2Face-Vertrieb war auch bei Kay Rohnke, Abbott Vascular, das zentrale Thema. Der Außendienst sei nach wie vor ein entscheidender Kanal, müsse heute aber sehr spezialisiert agieren, um alle Zielgruppen zu erreichen. Am Beispiel der unternehmenseigenen MitraClip-Therapie schilderte er, wie die einzelnen Kanäle verzahnt sein müssen, um die Kunden an möglichst vielen Touchpoints zu erreichen. Aber auch hier gelte: die perfekte Multichannel-Strategie ist niemals fertig und Effekte zwischen den Kanälen müssen gezielt gemessen und ausgewertet werden.

Eintauchen in die Gründerszene

Im zweiten Themenblock ging die Uhr gefühlt schneller. Drei junge Gründer, die bereits in der Branche Fuß gefasst haben, schilderten ihre verblüffenden Geschäftsmodelle. Darunter die App Mimi, die es dem Nutzer ermöglicht, mit dem eigenen Smartphone einen Hörtest durchzuführen – und im nächsten Schritt seine Lieblingsmusik daraufhin optimiert abzuspielen. Ebenfalls faszinierend: mit dem Tool von BioAnalyt kann man innerhalb kürzester Zeit die realen Nährwerte eines Lebensmittels messen – ein Prozess, der bisher nur in Laboren stattfindet und Wochen dauert. Interessant ist auch das Geschäftsmodell von Viomedo. Patienten, die auf der Suche nach neuen Behandlungsmethoden sind, finden auf der gleichnamigen Online-Plattform klinische Studien, an denen sie sich beteiligen können – mit dem Ziel, bessere Therapien schneller für Patienten zugänglich zu machen.

„Rapid Prototyping“ statt perfekter Konzepte

Start-up-Experte Maks Giordano gab den Teilnehmern dann die Möglichkeit, tief in die Logik der Gründerszene einzutauchen. Auch hier das Credo: Es lohnt sich nicht, über einen langen Zeitraum das perfekte Produkt zu kreieren – iteratives Entwickeln ist der Schlüssel zum schnellen Erfolg. Dafür sei bei etablierten Unternehmen ein Change nötig, der sich aber lohne: „Die Unternehmenskultur ist der einzige Wettbewerbsvorteil, den Sie als Unternehmen selbst beeinflussen können“. Gemeinsam mit Dr. Tobias Gantner, HealthCare Futurists, stand er im Lightning Talk dann Rede und Antwort zum Einfluss von eHealth-Start-ups auf die Pharmabranche.

„Science is exciting, why does it have to look so dull?“

Auch in puncto Markenauftritt sind Pharmaunternehmen noch sehr konservativ. Merck hat das geändert und tauchte ihre Marke in grelle Farben. Axel Löber von Merck erklärte warum: „Unsere Wissenschaftler haben ein Leuchten in den Augen, das wollen wir transportieren“. Daraus entstand der Claim „Bahnbrechendes beginnt mit Neugier“. Franziska von Lewinski, fischerAppelt, zeigte den Case der Markenimplementierung – und welche Energie intern und extern durch den Change freigesetzt wurde.

Bereit für die zweite Halbzeit der digitalen Transformation!

Die digitale Transformation wird uns nicht überrollen – wenn wir bereit sind, von den Besten zu lernen und unsere Prozesse immer wieder an die veränderten Herausforderungen anpassen. Der 2. coliquio Summit endete mit einem durchaus positiven Fazit. Dass der Pharmabranche dieser Change gelingen kann, zeigten die vielen Best Cases und Diskussionen. Auch der Blick in andere Branchen und auf Erfolgsrezepte aus der Gründerszene lieferte echte Erkenntnisse und war für die Anwesenden der Anstoß für noch mehr Austausch – und so diskutierten die Teilnehmer auch auf der Aftershow-Party noch intensiv mit den Referenten und Gastgebern. Die digitale Agenda für die nächsten 12 Monate steht – jetzt geht es an die Umsetzung.

 

Auf YouTube können Sie sich einige der Vorträge ansehen.

Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren

Hinterlassen Sie einen Kommentar
E-Mail-Adressen werden nicht veröffentlicht.

Ich möchte Benachrichtigungen erhalten bei weiteren Kommentaren.

Nathalie Haidlauf
Nathalie Haidlauf
berichtet für coliquio Insights über die wichtigsten Marketing-Trends und liefert Inspirationen für die Pharmakommunikation der Zukunft.