Oliver Salz ist Verkaufs-Coach und Außendienstexperte. In Seminaren und Einzelsitzungen coacht er Mitarbeiter und Führungskräfte im Pharma-Vertrieb zu klassischen Themen wie Gesprächsaufbau und Gesprächsvorbereitung, aber auch im Einsatz neuer Kommunikationskanäle und wie alle verfügbaren Datenquellen genutzt werden können, um Ärzte zu erreichen. Wir haben Oliver Salz gefragt, welche Kompetenzen der Außendienst entwickeln muss, um Ärzte weiterhin erfolgreich zu erreichen.

Herr Salz, wo steht der Außendienst in Deutschland in Bezug auf die Digitalisierung?

Der Außendienst befindet sich im Moment in einem tiefgreifenden Umbruch. Wir haben in den letzten 5 bis 10 Jahren viele Pharmareferenten aus dem Markt verschwinden sehen, da die großen Pharmaunternehmen ihre Außendienststrukturen massiv verschlankt haben. Im Moment versuchen viele Pharmaunternehmen neue, moderne Vertriebsstrukturen aufzubauen, mit vor allem jüngeren Leuten, die zum Teil auch frisch von der Uni kommen. Die sind noch nicht so lange am Markt und viel offener für digitale Medien. Diese Offenheit gibt es zum Teil zwar auch bei den klassischen Pharmareferenten, aber ich beobachte es doch verstärkt bei den Jüngeren.

Die Außendienststrukturen bei den großen Unternehmen, also Big Pharma, unterscheiden sich inzwischen nicht mehr groß in der Art und Weise, wie sie im Markt operieren. Bei mittelständischen Unternehmen beobachte ich im Moment noch größere Unterschiede. Dort verhindern vor allem gewachsene Strukturen und fehlende Fürsprecher innerhalb der Geschäftsführung die Digitalisierung im Unternehmen. Verständlicherweise braucht es bei einem so großen Thema wie der Digitalisierung auch einen entsprechenden Fürsprecher im Vorstand oder in der Geschäftsführung.

Welche neuen Skills braucht eine erfolgreiche Außendienstmannschaft heute?

Weiterhin wichtig bleiben klassische Skills, wie z.B. Kommunikationsfähigkeit, Empathie, Erfolgsorientierung. Die drei wesentlichen Skills, die ein Außendienstmitarbeiter heute zusätzlich benötigt, sind Kompetenz für digitale Medien, eine Affinität für neue Kanäle und Teamfähigkeit.

oliver salz

Wichtig ist, dass Außendienstmitarbeiter eine gute Ausbildung haben, wie sie mit digitalen Medien und Themen umgehen müssen. Dazu gehört sicher der Klassiker, das iPad, mittlerweile fast Standard in den meisten Außendienststrukturen. Gerade hier ist aber der richtige Umgang entscheidend. Sie dürfen das iPad nicht nur als Fernseher benutzen, der die Aufmerksamkeit vom Mitarbeiter wegnimmt. Das kann die Gesprächssteuerung sehr beeinträchtigen.

Außerdem braucht ein Außendienstmitarbeiter eine Affinität dazu, weitere Vertriebskanäle, wie E-Mail, Videotelefonie und mehr in Anspruch zu nehmen.

Zusätzlich braucht er eine größere Teamfähigkeit. Denn er ist nicht der einzige, der Kontakt zum Arzt hat, sondern auch das Marketing, Verkaufsinnendienst, Key Account Manager, Medizin, etc. können hier einen wertvollen Beitrag leisten. Der Außendienst und speziell das Marketing – aber auch die anderen Beteiligten – müssen sich als Team verstehen und enger zusammenarbeiten. Nur so können Sie eine zukunftsgerichtete Außendienstmannschaft auf die Beine stellen.

Wie kann der Erfolg eines Außendienstlers heute gemessen werden?

Es sind verschiedene Key Performance Indikatoren, die immer wichtiger werden. Der Besuchsschnitt, also die Anzahl der Besuche, die ein Mitarbeiter pro Tag führt, kann kein ausschlaggebendes Kriterium mehr sein, ist aber leider noch sehr verbreitet.

Viel wichtiger ist es, die Qualität der Kundenbeziehung zu erfassen, was nicht immer ganz einfach ist. Hier werden verschiedene Aspekte interessant, wie z. B. die Frequenz, die ein Kunde nutzt, um mit dem Außendienstler in Kontakt zu treten. In der neuen Realität nimmt die Loyalität eines Kunden immer mehr ab, deswegen ist die Beziehung, die ein Kunde zum Unternehmen, aber auch das Unternehmen zum Kunden hat, immer wichtiger. Das ist auch ein Grund, warum ein Pharmareferent mehr und mehr digitale Medien für seine Kontaktaufnahme nutzen sollte. Denn in Zukunft entscheidet der Kunde zunehmend darüber, welchen Kontakt-Kanal zum Unternehmen er nutzen will.

Eine qualitative Messung der Kundenbeziehung könnte zum Beispiel durch regelmäßige Marktforschung und den Aufbau bzw. Erweiterung  von internen Systemen (z.B. CRM-System) sichergestellt werden. Oftmals haben die Unternehmen eine große Informationsdichte und wissen gar nicht, auf welchem Schatz sie da sitzen. Wie genau man hier vorgeht ist sehr individuell und unterscheidet sich von Firma zu Firma.

Welche Kanäle wird der Außendienst in der Zukunft nutzen und in welchem Ausmaß?

Im Moment ist der persönliche Kontakt immer noch der klassische Kanal. Ich glaube auch, dass dieser in der Verkaufsbeziehung weiterhin wichtig sein wird. Allerdings wird er an Bedeutung verlieren, da immer mehr Menschen digitale Wege bevorzugen. Auch für den Außendienst werden andere Kanäle, wie z. B. coliquio, immer interessanter. Für ihn wird es deswegen immer entscheidender, die verschiedenen Kanäle, die sein Unternehmen anbietet, aktiv zu nutzen, denn wie gesagt, der Kunde wird zunehmend darüber entscheiden, welchen Kanal er wählt.

Hier gibt es noch große Unterschiede zwischen den Unternehmen. Arbeiten Sie für eine Firma, die in diesem Bereich schon sehr weit ist und alle aktuell verfügbaren Möglichkeiten, bereits nutzt, dann haben Sie gute Chancen, die Ärzte von morgen effektiv zu erreichen. Oder arbeiten Sie für ein Unternehmen, dessen Compliance-Richtlinien es strengstens untersagen, z.B. sozialen Medien zu nutzen? Das macht es dann natürlich schwer, diese Chancen zu nutzen.

Wie erreichen Außendienstmitarbeiter heute ihre Ärzte optimal?

Zentral ist eine gute Besuchsvorbereitung: Was will ich während meines Besuchs erreichen? Dafür braucht es eine sehr gute Dokumentation über sämtliche Vertriebskanäle – im besten Fall schaue ich also nicht nur auf meine eigenen Aufzeichnungen, sondern prüfe, über welchen Kanal mein Unternehmen sonst noch Kontakt mit dem Arzt hatte. Je mehr Zugriff ein Außendienstmitarbeiter auf die vorhandenen  Informationen aus den verschiedenen Kanälen hat, desto besser kann er sich auf den Termin vorbereiten und im besten Fall Bezug auf einen bestimmten Aspekt oder ein Ziel nehmen. Beispielsweise weiß er dann, über welchen Kanal, zu welcher Zeit, über welche Themen er seine Kunden am besten erreicht und überzeugen kann.

Natürlich ist auch in der Nachbereitung von Terminen und bei der Tourenplanung sehr viel Potential zur Optimierung. Ich beobachte im Moment bei Pharmareferenten im Durchschnitt keine sehr hohe Bereitschaft, die wesentlichen Fakten des Gesprächs zu dokumentieren. Die Problematik ist jedoch: Je schlechter meine Dokumentation ist, umso weniger haben die übrigen Leute aus dem Team die Chance, zu partizipieren und auch der Mitarbeiter selbst hat für den nächsten Kontakt wenig Grundlage zur Verfügung: Nämlich nur das, was er vielleicht noch im Gedächtnis hat. Und das ist meist nicht sehr detailliert.

Welche Strategien führen Außendienstler heute zum Erfolg?

Für den Außendienstmitarbeiter ist es entscheidend, den Kunden als Individuum zu betrachten. Ich erlebe häufig, dass Pharmareferenten eine Strategie, die bei einem Kunden funktioniert, duplizieren und bei einem anderen Kunden ähnlich vorgehen. Das war noch nie besonders erfolgreich, aber heute ist der Erfolg eines solchen Vorgehens noch viel geringer. Kunden und Ärzte legen sehr viel Wert auf Individualität und dem muss der Außendienst nun mehr denn je Rechnung tragen.

Wichtige Voraussetzung für ein erfolgreiches Außendienstgespräch ist es, die Bedürfnisse des Arztes in Erfahrung zu bringen. Nur dann kann der Außendienst dem Arzt einen Nutzen bringen, indem er konkret auf dessen individuelle Bedürfnisse eingeht.

Das wirkt sich auch auf die Wahl der Kommunikationskanäle aus. Es gibt Ärzte, die möchten überhaupt keinen Kontakt über digitale Medien haben. Gerade bei älteren Ärzten ist das immer noch verbreitet. Bei den jüngeren Ärzten sieht das ganz anders aus. Die bestehen geradezu darauf, dass man Termine per E-Mail abgleicht oder neue Informationen per E-Mail und auch andere Kanäle versendet. Viele Pharmareferenten tun sich nach wie vor schwer, diesen Switch ins Digitale zu machen. Dazu kommt auch, dass manche Pharmaunternehmen aus verschiedensten Sicherheitsgründen bestimmte Medien, z.B.  sozialen Medien wie Facebook, nicht als Kommunikationskanal für einen Pharmareferenten zulassen.

Allerdings möchte ich betonen, dass die rechtliche Bewertung der Nutzung von sozialen Netzwerken bei Unternehmen der Pharmaindustrie ein schwieriges Thema ist. Nichtsdestotrotz glaube ich, – man sieht es auch in den USA – dass die Pharmaindustrie in Deutschland etwas mutiger sein könnte, um diese Aspekte für eine bessere Kundenbeziehung zu nutzen.

Herr Salz, vielen Dank für das Gespräch.

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Kommentare
  • Anonymous

    darf ein pharmareferent seine geräte im krankenhaus am patienten selbst testen

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