Wie diskutieren Ärzte auf coliquio ihre Patientenfälle? Dieser Fall zur Behandlung eines Zeckenbisses zeigt, wie Ärzte sich unterstützen und wie Dialog zu einer besseren und fundierten Betreuung von Patienten führt. Unsere Vision ist es durch den Dialog und geteiltes Wissen auf coliquio eine bessere Behandlung für Patienten zu gewährleisten.

 

Hier ein praktisches Beispiel:

Ein Facharzt für Allgemeinmedizin schildert seinen Fall, ebenso wie die bisher erfolgte Therapie und fragt nach Erfahrungen zur Weiterbehandlung bei einer Erythema Migrans nach Zeckenbiss:

  • Vor ca. 6 Wochen stellte sich bei mir in der Praxis eine 38-jährige Patientin vor mit typischem Bild eines Erythema Migrans am Oberschenkel nach Zeckenbiss. Die Patientin sei im Wald gewesen. Ich habe gleich Cefuroxim 250 2x1 Tbl für 2 W bei Doxy-Allergie verordnet. Bei der jetzt durchgeführten Borrelien-Serologie fand sich ein positiv IgM-Wert von 4,43 (Grenzbereich 0,9-1,1 ), IgG negativ. Das Erythema ist abgeheilt, die Patientin hat keine Beschwerden. Soll ich die ATB-Therapie fortsetzen, abwarten oder Kontrolle?

    Facharzt für Allgemeinmedizin
    Facharzt für Allgemeinmedizin am 16.06.2016

Nach nur wenigen Minuten antwortet der erste coliquio-User, ebenfalls ein Facharzt für Allgemeinmedizin und weist auf eine Besonderheit hin:

Schwierige Frage!
Cefuroxim 2x250mg ist laut Fachinfo unterdosiert!
Die Serologie ist, wie prokrastinator richtig schreibt, nicht zu verwerten.
„Leider“ verschwindet das Erythema chronicum migrans auch von allein wieder. Ob dann daraus später echte Spätfolgen erwachsen (ich rede hier von Borrelien-Arthritis oder Neuroborreliose, nicht von irgendwelchen zusammenphantasierten Symptomen!), kann man leider nicht feststellen, da unklar ist, ob die unterdosierte Antibiose ausgereicht hat.
In so einem Fall würde ich wohl ausnahmsweise noch eine 10tägige Antibiose mit 3×1000 IE Amoxicillin machen, um auf der sicheren Seite zu sein.

 

Wichtig:
Wenn man noch eine weitere Antibiose nachschiebt, steigt das Risiko für gastroenterologische Probleme und Vaginalmykosen erheblich. Daher würde ich prophylaktisch die Einnahme von Sacharomyces boulardii-Präparaten (Yomogi ist deutlich günstiger als Perenterol forte), den Genuß von probiotischen Joghurts und die intravaginale Anwendung probiotischen Joghurts empfehlen

 

Facharzt für Allgemeinmedizin

Ein Neurologe empfiehlt folgende Website:

https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/borreliose/nrz_borrelien.htm

 

sicherlich eine s e r i ö s e Adresse für Rückfragen!
Bei einer Chance 1:1000 der „Konversion“ in ein Stadium II würde ich mit der Patientin abwarten – zukünftig die Antibiotika nach BMI lieber hoch wählen.

 

Facharzt für Neurologie

Ein anderer Allgemeinmediziner rät zur Rücksprache mit dem Patienten und verweist auf weitere Risikofaktoren:

Ob abwarten oder nicht, würde ich mit der Patientin besprechen.

 

Ich persönlich würde eher auf Nummer sicher gehen, weil so eine Borrelien-Arthritis schon fies gemein ist.

 

Außerdem:
In Anbetracht der vielen (Fehl-)Informationen im Netz über die Borreliose, nicht zuletzt „dank“ der fragwürdigen „Deutschen Borreliose-Gesellschaft“ und vieler selbsternannter Borreliose-Spezialisten, schlagen solche Patienten früher oder später sowieso mit einem riesigen Fragenkatalog und dem Wunsch nach einer erneuten Antibiotikatherapie wieder bei mir auf.

 

Facharzt für Allgemeinmedizin

Der Fragesteller ergänzt auf Frage eines Mediziner Patienteninformationen, die für die Behandlung relevant sind:

  • Da die Patientin nur 48 Kg wiegt und ca 160cm groß ist, habe ich sicherheitshalber nur Cefuroxim 250 2mal 1 Tbl verordnet. Diese Dosis entspricht laut Leitlinien d. Behandlung bei Kinder. Sollte ich doch Cefu noch länger verordnen?

    Facharzt für Allgemeinmedizin
    Facharzt für Allgemeinmedizin am 17.06.2016

Daraufhin antwortet der Neurologe:

Ich denke nein

 

Facharzt für Neurologie

Durch einen anderen Arzt wird eine homöopatische Therapie vorgeschlagen. Dabei bezieht er sich auf persönliche Erfahrungen:

Ist es richtig, dass es keine Immunität nach Zeckenbiss entwickelt?  Mit Borrelien kann man sich immer wieder infizieren.

 

(Man kann übrigens auch mit homöopathischen Nosoden behandeln – zusätzlich zu Antibiotika. Bei Interesse bitte einen guten homöopathischen Arzt fragen.)

 

Das habe ich persönlich mitbekommen: dass bei einem Patienten 2 vollständige Antibiotika-Zyklen nur Milderung der Symptome gebracht haben, aber keine Heilung. Eine weitere Behandlung mit homöopathischen Nosoden war dann offenbar erfolgreich und abschließend.

 

Wie gesagt : bei Interesse mit einem fachkundigem Arzt besprechen. (Ich kann nur die Beobachtung weitergeben.)

 

Facharzt für Psychologische Psychotherapie

Dieser Patientenfall zeigt, dass Fragen, die Ärzte auf coliquio einstellen innerhalb kurzer Zeit von Kollegen verschiedener Fachrichtungen beantwortet und diskutiert werden. Patienten profitieren davon, dass die Mediziner ihr Wissen und ihre Erfahrungen teilen.

Bildquelle: Rawpixel / Unsplash

Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren

Hinterlassen Sie einen Kommentar
E-Mail-Adressen werden nicht veröffentlicht.

Ich möchte Benachrichtigungen erhalten bei weiteren Kommentaren.