Krise, Grenzen, Flucht - Schlagworte, die wir täglich in den Medien hören uns lesen. Viele Menschen helfen den geflüchteten Menschen derzeit engagiert und denken darüber nach, wie am besten geholfen werden kann. Dazu gehört auch Dr. Matthias Lemberger, ein Facharzt aus der coliquio-Community.

Er entwickelte die App ‚iRefugee‘, die Flüchtlingen die Kommunikation und Integration in Deutschland wesentlich erleichtern soll. Mit der App können sich Flüchtlinge ohne Dolmetscher selbst registrieren, Daten den Behörden auf Deutsch übermitteln, ihren Lebenslauf erfassen, alle bei der Eingangsuntersuchung erhobenen Medizindaten speichern und weitergeben, auch wenn sie umziehen. Dem Arzt und seinem Patienten wird die Kommunikation in 15 Sprachen ermöglicht. ‚iRefugee‘ wurde auf der diesjährigen Cebit in Hannover vorgestellt.

Im Interview mit coliquio Insights gibt Dr. Matthias Lemberger einen Einblick, was seine Beweggründe für Entwicklung der App waren, wie sie ankommt und was die Zukunft bringen könnte.

Feedback der Nutzer

Maria JungHaben Sie bereits Erfahrungsberichte und Feedback von den Nutzern der App bekommen?

Dr. Matthias Lemberger: Ich behandle als niedergelassener Arzt ganz normal auch Flüchtlinge, die als Patienten zu mir Kommen. An unserem Ort gibt es eine größere Flüchtlingsunterkunft. Zudem arbeite ich in enger Kooperation mit einem syrischstämmigen Allgemeinarzt zusammen.

Die Flüchtlinge lieben die App. Sie sind froh, dass jemand „was für sie macht“ mit einem Medium, mit dem sie umgehen können.

Als ich kürzlich in einer Flüchtlingsunterkunft war, haben sie mir sehr großes Vertrauen entgegengebracht. Ein „unbegleiteter Minderjähriger“, ein 14 jähriger Junge, hat mir hilflos einen in besten Juristendeutsch geschriebenen Behördenbrief gezeigt. Auch ich musste diesen 3x lesen, bis ich die Intention des Autors verstand. Man muss den Menschen Kommunikationsmittel an die Hand geben, mit denen sie umgehen können.

Das gleiche Vertrauen wie mir bringen die Flüchtlinge auch der App entgegen.

Befürworter und Kritiker

Maria Jung: Einige Menschen bewerten Initiativen und Ideen wie die Ihrige als „Geldmacherei“ und kritisieren, dass aus der Not der Flüchtlinge ein Profit geschöpft wird – wie reagieren Sie auf solche Vorwürfe?

Dr. Matthias Lemberger: Ich denke, das kann man alles verneinen. Ich habe die App über mehrere Jahre hinweg entwickelt. Da waren überhaupt noch keine Flüchtlinge in Sicht.

Das Argument mit der „Geldmacherei“ finde ich sehr befremdlich und es hat mich sehr erstaunt. Was weiß der Mensch, der sowas behauptet, über die Hintergründe der App-Entwicklung? Hat er sich informiert? Hat er mit mir gesprochen? Hat er die App angeschaut?

Viele Möglichkeiten für die Zukunft

Maria Jung: Werden Sie diese Idee ausbauen bzw. könnten Sie sich vorstellen, weitere Entwicklungen in diesem Bereich auf den Markt zu bringen?

Dr. Matthias Lemberger: An Stillstand ist momentan nicht zu denken: Eine Gesetzliche Krankenkasse, eine große Wohlfahrtsorganisation und eine Patientenselbsthilfeorganisation testen die App aktuell. Mit PKVs sind wir in Gesprächen, darüber hinaus sprechen wir gerade mit möglichen Kooperationspartnern über die Einbindung von telemedizinischen Funktionen sowie mit Medizinproduktherstellern.

Eine Crashapp für Smartwatches für geriatrische Patienten sowie für Sportler und Outdoor-Aktive ist in Entwicklung. Zudem hat sich vor wenigen Tagen eine große internationale Organisation gemeldet, die Interesse an weiteren Informationen bekundet. Sie sehen, es ist noch viel Platz nach oben.

Maria Jung: Herr Dr. Lemberger, vielen Dank für das interessante Gespräch und Ihre Informationen zur App ‚iRefugee‘!

Die aktuellen Presseunterlagen zur interaktiven Flüchtlingsapp ‚iRefugee‘ stehen auch online als PDF zur Verfügung:

Der Entwickler:

Dr. Matthias Lemberger ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Er engagiert sich neben seinem Beruf als Mediziner für Flüchtlinge in Deutschland, indem er die interaktive Flüchtlingsapp ‚iRefugee‘ entwickelt hat. Aktuell ist die Einbindung telemedizinischer Funktionen in die App und eine Kooperation mit Medizinproduktherstellern in Arbeit.

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