Fachveranstaltungen sind in der digitalen Welt nicht wegzudenken: Hier tauscht sich die Branche aus, hier entstehen Kooperationen und hier zirkuliert Wissen – aber nur, wenn der Veranstalter den richtigen Rahmen schafft. Pia Kuss weiß, worauf es bei Events ankommt. Sie hat mit mir darüber gesprochen, wie es gelingt, die Zielgruppe mit digitalen Elementen, interaktiven Formaten und einer anregenden Networking-Atmosphäre zu begeistern.

Digitale Tools sind kein Selbstzweck

Nathalie Haidlauf: Pia, um dich für die coliquio-eigenen Events inspirieren zu lassen, bist du viel unterwegs. Welche Veranstaltung hat dich zuletzt begeistert und warum?

Pia Kuss: Letzten November war ich auf dem Web Summit in Lissabon, um zu erleben, wie eine Veranstaltung dieser Größenordnung realisiert wird. Auf dieser Veranstaltung waren im letzten Jahr 70.000 Teilnehmer. Mich hat vor allem interessiert, die Veranstaltung als Teilnehmer zu erleben. Es war wirklich beeindruckend, wie die Organisatoren es geschafft haben, ein Event dieser Dimension so zu gestalten, dass man als Gast nie die Orientierung verliert und außerdem noch möglichst viel für sich mitnimmt.

Nathalie Haidlauf: Wie digital müssen Events heute sein und was bedeutet digital im Veranstaltungsmanagement?

Pia Kuss: Digitale Elemente sind keine Pflicht. Ob sie einen Mehrwert bringen, hängt zum einen von den Themen ab: Geht es zum Beispiel darum, den Pharma-Außendienst im Umgang mit einer neuen Software oder dem iPad zu schulen, ist es von Vorteil, wenn ich den Teilnehmern die Möglichkeit gebe, die Anwendungen gleich vor Ort an einem iPad auszuprobieren. Ein weiteres Beispiel, das mir einfällt: Vor einigen Jahren hatte ein Pharmaunternehmen auf dem coliquio Summit eine Virtual Reality Anwendung für Dermatologen vorgestellt. In der Pause konnten die Teilnehmer die VR-Brille dann selbst testen – so wird ein theoretisches Thema anfassbar. Aber auch unabhängig vom Veranstaltungsthema können digitale Tools dabei helfen, ein Publikum dazu zu bewegen, sich an der Diskussion zu beteiligen.

Nathalie Haidlauf: Was können digitale Tools hier leisten?

Pia Kuss: Gerade bei größeren Veranstaltungen besteht immer die Gefahr, dass das Publikum sich sehr zurücknimmt. Für die meisten Menschen ist die Hürde groß, vor 200 Leuten aufzustehen und ins Mikro zu sprechen. Leichter ist es, seine Frage digital einzubringen und die gestellten Fragen anderer Teilnehmer bei Interesse nach oben zu voten. Der Referent kann die meistgestellten Fragen dann aufgreifen und beantworten. Was außerdem gut funktioniert: via App ein Stimmungsbild einholen und dem Publikum live auf dem Screen zurückzuspielen – das hat beim letzten coliquio Summit sehr gut funktioniert.

Nathalie Haidlauf: Hier gilt vermutlich: Je größer die Veranstaltung, desto sinnvoller ist es, digitale Tools einzusetzen?

Pia Kuss: Ja, z. B. bei Veranstaltungen mit über 100 Besuchern bieten digitale Tools viele Möglichkeiten, das Publikum miteinzubeziehen und das Nutzererlebnis der Teilnehmer zu verbessern. Das fängt schon beim Einlassmanagement an:  Bei Events ab 400 Teilnehmern ist es praktisch, wenn der Besucher so einchecken kann, wie man es mit der Bordkarte am Flughafen gewohnt ist. Dagegen ist es bei kleineren Events oft wertschätzender, die Gäste persönlich und namentlich zu begrüßen, weil das gleich zu Beginn eine engere Bindung herstellt.

So kommt das Wissen beim Publikum an

Nathalie Haidlauf: Und wie schaffe ich es, ein spannendes Programm anzubieten? Bei Kongressen besteht ja oft die Gefahr, dass die Teilnehmer von der Dichte der Informationen irgendwann erschöpft sind und nicht mehr folgen können.

Pia Kuss: Während der Agenda-Planung ist es wichtig, sich bewusst zu machen: Was soll vermittelt werden und wie gelangt dieses Wissen am effektivsten zum Teilnehmer? Interviews sind ein gutes Mittel, das Programm aufzulockern. So können sich die Referenten die Bälle hin und her spielen und einen klassischen Frontalunterricht vermeiden. Plant man eine Diskussionsrunde, sollte man allerdings nicht mehr als drei Gesprächspartner einladen und genügend Zeit einplanen. Sonst kann es passieren, dass die Personen auf der Bühne nur nacheinander ihr Statement abgeben und kein Austausch stattfindet – dann sind sogenannte „Diskussionsrunden“ Etikettenschwindel.

Nathalie Haidlauf: Der klassische Powerpoint-Vortrag hat also ausgedient?

Pia Kuss: Nein, der hat immer noch seine Berechtigung. Entscheidend ist, die richtigen Inhalte für eine Präsentation auszuwählen. Zu viel Theorie und Konzeption ermüden schnell – besser sind konkrete Erfahrungswerte und Best Practices aus dem eigenen Daily Business. Denn die Teilnehmer wollen möglichst konkretes Wissen mitnehmen, das sie im Alltag anwenden können. Ich als Veranstalter bin dann zufrieden, wenn es mir gelingt, dieses Versprechen zu erfüllen.

Und über das Inhaltliche hinaus gehört zu einer erfolgreichen Veranstaltung auch das Ambiente – z .B. eine außergewöhnliche Location – und eine angenehme Atmosphäre, in der man mit interessanten Personen ins Gespräch kommen kann.

Eine Basis für Networking schaffen

Nathalie Haidlauf: Inwiefern ist Networking wichtig für eine gelungene Veranstaltung? 

Pia Kuss: Mit anderen Leuten ins Gespräch zu kommen, ist neben dem inhaltlichen Input, den ich mitnehmen will, der größte Mehrwert für mich als Event-Teilnehmer. Gerade im digitalen Zeitalter, in dem ich Branchenkollegen immer seltener persönlich begegne, gewinnt das an Bedeutung. Wenn ich auf einem Event interessante neue Kontakte knüpfen konnte, behalte ich auch die Veranstaltung und den Veranstalter in guter Erinnerung.

Nathalie Haidlauf: Und wie schaffe ich eine anregende Networking-Atmosphäre?

Pia Kuss: Zum einen indem ich bei der Wahl der Location darauf achte, dass es genügend Raum und auch kleinere Nischen gibt, in denen man sich gut unterhalten kann. Da Austausch jedoch nicht immer von selbst entsteht, gebe ich den Teilnehmern gerne Gedankenanstöße – das können z. B. Aktionspunkte wie Live-Demos oder thematische Stände sein, an denen Gleichgesinnte mit Experten diskutieren können. Oder Screens, auf denen live die Ergebnisse der laufenden Quick Polls und Diskussionen eingeblendet sind.

Nathalie Haidlauf: Pia, vielen Dank für das Gespräch.

Pia Kuss ist im coliquio Marketing-Team für die Events zuständig. D. h. sie organisiert den jährlichen coliquio Summit und auch die Lounges, auf denen coliquio-Experten und Pharmakunden ihre Best Practices zeigen.

Save the Date

Save the Date: 6. coliquio Summit am 18. Juni 2020

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Nathalie Haidlauf
Nathalie Haidlauf
berichtet für coliquio Insights über die wichtigsten Marketing-Trends und liefert Inspirationen für die Pharmakommunikation der Zukunft.