CovidCon Global: 4.500 Ärzte diskutieren live

Diese Fragen halten Ärzte weiterhin in Atem

Um Ärzte global zu vernetzen und den wissenschaftlichen Austausch über alle Grenzen hinweg zu fördern, haben wir zusammen mit unseren Partner-Netzwerken docplexus und docred nun schon die dritte Live-Videokonferenz für Ärzte organisiert. Bei der CovidCon Global gaben Experten aus der ganzen Welt – darunter Virologen, Epidemiologen, Infektiologen und die WHO – ein umfassendes Update zu Covid-19 und stellten sich live den Fragen der Ärzte. Die 4.500 teilnehmenden Ärzte brachten insgesamt über 500 Fragen ein, die die aktuellen Herausforderungen und Unsicherheiten widerspiegeln.

Infektion & Verlauf

• Ist eine erneute Ansteckung nach einer Covid-19-Infektion möglich?
• Gibt es Hinweise auf Langzeitfolgen von Covid-19?
• Was ist heute über die Auswirkungen einer Co-Infektion von Covid-19 und Influenza bekannt?
• Ist zu erwarten, dass SARS-CoV-2 häufig mutiert und so eine jährliche Impfung notwendig macht?

Forschung & Therapie

• Wann wird ein Impfstoff zur Verfügung stehen? Welche Nebenwirkungen sind bisher bekannt?
• Was ist über die Rolle von Kortikosteroiden zur Verhinderung von Entzündungen und „Zytokinstürmen“ bekannt?
• Wie ist der Wissensstand bezüglich Remdesivir in der Behandlung von Covid-19-Patienten?
• Dexamethason: Wann ist der beste Zeitpunkt für den Beginn einer Therapie?
• Wie ist der aktuelle Stand der Rekonvaleszenz-Plasmatherapie?

Diagnostik & Schutzmaßnahmen

• Wie spezifisch sind PCR-Tests? Und wie ist das aktuelle Verhältnis zwischen der Anzahl durchgeführter Tests und der Anzahl positiv getesteter Personen?
• „Ein-Dollar-Test“ in Indien: Wie ist das möglich?
• Welche Masken sollten Ärzte und medizinisches Personal tragen?
• Können Masken durch UV-Desinfektion oder Behandlung in der Mikrowelle sterilisiert werden?

Da nicht alle Fragen der Teilnehmer live beantwortet werden konnten, hat die coliquio-Redaktion ein Informationspaket mit ausführlichen Antworten und weiterführenden Informationen zusammengestellt, das allen Ärzten als Open-Content zur Verfügung steht.

Impfstoffe müssen gerecht verteilt werden

Der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Prof. Dr. Klaus Cichutek, sieht ermutigende Fortschritte bei der Eindämmung von Covid-19: Mit über 170 Impfstoffprojekten, davon 31 in klinischen Tests und 8 in Phase 3-Versuchen, rückt eine Lösung in greifbare Nähe – eine konkrete Strategie zur Einführung des Impfstoffs gibt es ebenfalls.

Die ersten Impfstoffe könnten Anfang nächsten Jahres lizensiert werden, die Verteilung wird jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen, da die verfügbaren Impfstoffdosen gezielt eingesetzt werden müssen. Darin besteht laut Dr. Meg Doherty, WHO, die größte Herausforderung:  Es muss sichergestellt werden, dass alle Länder Zugang zum Impfstoff haben und die Verteilung nach Bedürftigkeit und Verletzlichkeit priorisiert wird.

Langzeitfolgen der Pandemie sind global spürbar

Darüber hinaus fokussiert sich die WHO auf die Aufrechterhaltung der medizinischen Grundversorgung. Gerade während einer Pandemie leiden besonders Regionen, die bereits von anderen lebensbedrohlichen Krankheiten wie z. B. HIV, Tuberkulose oder Malaria bedroht sind. So wird die Beeinträchtigung der Lieferketten durch den Lockdown mittel- bis langfristig zu großen Engpässen bei der Medikamentenversorgung führen.

Auch Prof. Dr. Gianluca Serafini, Professor für Psychiatrie an der Universität Genua, Italien, forderte die globale Zusammenarbeit: Die psychologischen Folgen der Pandemie, insbesondere der Quarantäne und sozialen Isolation, werden erst in den nächsten Monaten vollständig sichtbar sein. Erste Folgen wie wachsende Suizidraten, Zunahme von häuslicher Gewalt und steigender Alkoholmissbrauch lassen erkennen, dass Covid-19 auch Auswirkungen auf die psychische Gesundheit weltweit hat.

Große Fortschritte bei der Diagnose von Covid-19

Im Bereich der diagnostischen Methoden gab es laut Dr. Dieter Hoffmann, Manager des diagnostischen Labors am Institut für Virologie Technische Universität München, einige Fortschritte. Die derzeitigen PCR-Tests können gleich mehrere Viren aufspüren: neben SARS-CoV-2 auch Influenza A/B und das Respiratorische Syncytial-Virus (RSV). Darüber hinaus sind einfachere Formate für die Messung neutralisierender Antikörper entwickelt worden.

Durch die Förderung der landesweit verteilten Testlabore konnte die Kapazität in Indien auf 1 Million Tests pro Tag gesteigert werden, wie Dr. Priya Abraham, Director Indian Council of Medical Research National Institute of Virology, berichtete. Bereits für 1 US-Dollar kann ein Test durchgeführt werden – ein entscheidendes Kriterium zur Eindämmung der Pandemie in einem der bevölkerungsreichsten Länder.

Bessere Therapien für schwere Infektionsverläufe

PD Dr. Christoph Spinner, Infektiologe und Oberarzt am Klinikum rechts der Isar Technische Universität München, stellte mehrere Therapieoptionen für schwere Verläufe vor. Bei hospitalisierten Patienten mit Sauerstoffbedarf mildert das eigentlich gegen Ebola entwickelte Remdesivir die Symptome. Zudem verbessert das Glukokortikoid Dexamethason die Überlebenschancen von beatmungspflichtigen Patienten deutlich.

Die Pandemie hat zahlreiche Forschungsallianzen angestoßen, die an weiteren Medikamenten zur Therapie von Covid-19 forschen. Dr. Spinner sieht positive Verhaltensänderungen beim medizinischen Personal und die Tendenz zu größerer Kooperationsbereitschaft.