Wonach suchen junge Ärztinnen und Ärzte online? Wie nutzen sie soziale Netzwerke und welche Besonderheiten treten in ihrem digitalen Informationsverhalten auf? Und gibt es überhaupt Unterschiede zwischen Jung und Alt? Wir haben uns umgehört und die wichtigsten Erkenntnisse für die Pharma-Kommunikation für Sie abgeleitet.

Große Umfrage: So tickt die Zielgruppe unter 40 Jahren

Bei unserer letzten großen Umfrage haben wir 2.439 Ärztinnen und Ärzte aus allen Fachgebieten danach befragt, wie sie sich online informieren. 1.887 davon haben ihr Alter angegeben, sodass wir die wichtigsten Ergebnisse für die Altersgruppe unter 40 Jahren und ab 40 Jahren zusammenfassen konnten. Zunächst wollten wir wissen, wieviel Zeit im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit täglich mit der Online-Recherche verbracht wird. Dabei zeigte sich: Die meisten Ärztinnen und Ärzte verbringen 31 bis 50 Minuten pro Tag im Netz (46 % der unter 40-Jährigen und 42 % der über 40-Jährigen). Auch bei den anderen Zeitintervallen waren die Unterschiede zwischen den Altersgruppen gering. Die größte Diskrepanz gab es bei der geringsten Nutzungsdauer: Sehr wenig Zeit im Internet, also unter 30 Minuten pro Tag, verbringen nur 32 % der Jüngeren, aber 43 % der Älteren.

Als nächstes wollten wir erfahren, für welche Zwecke Suchmaschinen im Berufsalltag genutzt werden. Auf den obersten drei Plätzen standen die Recherche nach aktuellen medizinischen Informationen, zu (neuen) Medikamenten und die Information über Fortbildungen und Kongresse. Besonders interessant: Während das letztgenannte Thema für immerhin 53 % der älteren Zielgruppe von Relevanz war, gaben sogar 73 % der jüngeren Ärztinnen und Ärzte an, im Netz gezielt nach Fortbildungen und Kongressen zu suchen.

Des Weiteren interessierte uns, welche Formate im Alltag am liebsten genutzt werden, um sich fachlich zu informieren. Klarer Sieger: Digitale Veranstaltungen und Web-Seminare, wobei sich im Altersvergleich zeigte, dass dieses Format bei jüngeren Ärztinnen und Ärzten mit 73 % besonders gut ankommt. Dicht gefolgt auf Platz zwei befinden sich die Fortbildungsangebote von Pharmaunternehmen. Hier spielt das Alter offenbar keine Rolle: 45 % der unter 40-Jährigen und 43 % der über 40-Jährigen gaben an, dieses Format sehr gerne zu nutzen.

Junge Ärzte: Wie sie Social Media beruflich nutzen

Nach dem Suchverhalten auf Google, Bing & Co. haben wir das Nutzungsverhalten der sozialen Netzwerke in den Fokus gestellt. Dort landete YouTube mit 67 % bei den unter 40-Jährigen und mit 59 % bei den über 40-Jährigen auf Platz 1. Was vor allem ins Auge fällt: Während nur 26 % der älteren Ärztinnen und Ärzte Facebook nutzen, sind es bei den jüngeren 44 %. Das überrascht vor allem deshalb, weil Facebook zwar nach wie vor zu dem am meisten genutzten sozialen Netzwerk in Deutschland gehört, es aber dennoch immer wieder mit dem Schwund jüngerer User-Gruppen zu kämpfen hat, die zu anderen Plattformen abwandern. Außerdem spannend: Immerhin 26 % der unter 40-Jährigen und 27 % der über 40-Jährigen halten sich auch bei LinkedIn auf, einem „Business-Netzwerk zur Pflege von Geschäftskontakten“ – Begrifflichkeiten, die man nicht in erster Linie mit Ärztinnen und Ärzten assoziiert.

Und was machen Ärztinnen und Ärzte auf sozialen Netzwerken, wenn sie diese beruflich nutzen? Ganz klar auf Platz 1 steht das Lesen von medizinischen und beruflichen Inhalten. Außerdem relevant: Den Accounts von anderen Ärztinnen und Ärzten bzw. renommierten Fachleuten zu folgen und sich in Gruppen auszutauschen.

Bei diesen als auch bei den anderen Nutzungsarten zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen jüngeren und älteren Ärztinnen und Ärzten. Die größte Altersdiskrepanz gab es beim Teilen oder Kommentieren von medizinischen und beruflichen Inhalten. Während das immerhin 37 % der Älteren tun, sind es nur 26 % der Jüngeren.

Von Jüngeren gern genutzt: Apps im Berufsalltag

Deutliche Unterschiede hingegen gibt es schließlich beim Thema Apps – Während 67 % der Älteren angaben, dass ihnen Apps nicht im Berufsalltag helfen, waren es bei den Jüngeren nur 45 %. Hinsichtlich einer Reihe bekannter Apps, wie von Amboss oder der STIKO, sagten 55 % der Jüngeren, dass ihnen solche Apps helfen, aber nur 33 % der Älteren.

Qualitative Interviews mit jungen Ärzten

Unabhängig von unserer großen Jahresumfrage hat unser Research-Team im Juli dieses Jahres Telefoninterviews unter jungen Ärztinnen und Ärzten unter 35 Jahren durchgeführt. Aufgrund der geringen Größe des Teilnehmerkreises (insgesamt 10 Personen) ist die Studie nicht repräsentativ, dennoch haben wir sehr interessante Antworten erhalten, die wir gerne mit Ihnen teilen möchten:

Wie zu erwarten, gehören Zeitmangel und Arbeitslast zu den großen Herausforderungen im Arbeitsalltag. Mit dazu kommen viel Verantwortung und eine nicht immer ausreichende Mentorship, was vor allem schwierig ist, weil die jungen Medizinerinnen und Mediziner mit Themen konfrontiert werden, die sie im Medizinstudium nicht gelernt haben. Die erforderliche Informationssuche bezeichnete ein Teilnehmer als mühsam, weil Webseiten oft unübersichtlich strukturiert seien, so dass man viel Zeit brauche, bis man die gesuchten Informationen gefunden habe.

Medien und Kanäle, um sich auf dem Laufenden zu halten

Auf die Frage, über welche Kanäle sich die jungen Ärztinnen und Ärzte informieren, wurden genannt: Podcasts, soziale Medien wie Instagram, Facebook und Twitter, Printmagazine wie das Ärzteblatt und die Ärzte Zeitung, Newsletter, medizinische Plattformen und News über Apps. Unterstützung auf externen Quellen holen sich die jungen Ärztinnen und Ärzte, wenn sie fachliche Fragen haben, Informationen zu Studien und Leitlinien suchen oder Tipps für alle Themen rund um den Berufsalltag benötigen. Geht es nicht nur ums Informieren, sondern auch um die eigene Fortbildung, gaben die jungen Ärztinnen und Ärzte an, sich sowohl über klinikinterne als auch externe Fortbildungen (z. B. Pharma-Schulungen) sowie digitale Plattformen für Lerninhalte oder YouTube-Videos weiterzubilden.

Befragt nach ihren Bedürfnissen für die Zukunft, berichteten die jungen Ärztinnen und Ärzte, dass sie sich Quellen wie Webseiten wünschen, auf denen sich alle Inhalte zu einem Thema befinden – z. B. Informationen zu Krankheitsbildern, Symptomen und Wirkstoffen. Außerdem beliebt: Inhalte, die abwechslungsreich aufbereitet sind, also ein guter Mix zwischen Audio, Video, Bild und Text-Inhalten.

Wie digital sind Medizinerinnen und Mediziner?

Um das spannende Thema „Informationsverhalten und Nutzung von digitalen Angeboten bei Ärztinnen und Ärzten“, ging es auch bei dem Vortrag  von Prof. Dr. Sven Meister, Lehrstuhlinhaber für Gesundheitsinformatik an der Universität Witten/Herdecke, den er auf den coliquio Summit Talks gehalten hat. Seine Präsentation beruhte auf einer Studie in Kooperation mit dem Bündnis Junge Ärzte. Auch hier wurden zwei Altersgruppen betrachtet, die erste Gruppe bis 45 Jahre, die zweite Gruppe über 45 Jahre. Grundgesamtheit waren 1.274 Personen.

Sehen Sie sich hier den Vortrag von Prof. Dr. Sven Meister an. Los geht es ab Minute 31:42.

Digitalisierung: Eine Frage des Alters?

Besonders interessant: Bei vielen Aspekten der Digitalisierung gab es kaum Unterschiede zwischen den beiden Altersgruppen. So sagten insgesamt 45 % der Befragten, gegenüber den Veränderungen durch die Digitalisierung hauptsächlich positiv eingestellt zu sein. Hierbei gab es zur Gruppe 1 nur eine schwache Alterskorrelation. Rund 87 % nutzen Kommunikationsmedien, allen voran das Faxgerät. Hier zeigt sich zwischen den Altersgruppen kein Unterschied – und auch E-Mails und Messenger werden von Jüngeren und Älteren gleichermaßen genutzt. 57 % setzen mHealth-Anwendungen im Arbeitsalltag ein, auch hier gab es nur eine schwache Alterskorrelation zur Gruppe 1.

Allerdings: Bei der Abfrage nach Trendthemen der Digitalisierung (z. B. digitale Gesundheitsanwendungen, digitale Versorgung Gesetz oder Telematikinfrastruktur), zeigte sich, dass die jüngere Zielgruppe diesbezüglich über weniger Kenntnisse verfügte, also insgesamt weniger informiert war. Das könnte daran liegen, dass jüngere Ärztinnen und Ärzte zu Beginn ihrer Berufslaufbahn zeitlich stark eingebunden sind und erstmal medizinisches Basiswissen aufbauen müssen.

Digitalisierung ist kein Selbstzweck

Einen gemeinsamen Nenner fanden beide Altersgruppen der Ärztinnen und Ärzte aber vor allem bei den Anforderungen an die Digitalisierung: Diese solle kein Selbstzweck sein, sondern einen Mehrwert, wie den erleichterten Zugang zu Wissen, bieten. Denn es geht ihnen darum, durch arztunterstützende Informationen und digitale Angebote wieder mehr Zeit für das Wesentliche, nämlich das Arzt-Patienten-Verhältnis gewinnen zu können.

Tipps: So gehen Sie auf die Informationsbedürfnisse der jungen Generation ein

1. Bündeln Sie alle relevanten Informationen

Junge Ärztinnen und Ärzte haben generell wenig Zeit und der Großteil verbringt nur 31-50 Minuten pro Tag im Netz. Zudem wünschen sich viele einen zentralen Ort, an dem sie alle Inhalte zu einem Thema finden. Bündeln Sie daher alle relevanten Informationen und stellen Sie diese dort zur Verfügung, wo Ärztinnen und Ärzte sich informieren – so müssen sie nicht mehrere Quellen sichten.

2. Arbeiten Sie den Nutzen klar heraus

Sorgen Sie trotz der Fülle an Informationen dafür, dass Inhalte schnell erfasst werden können. Denn wer wenig Zeit hat, muss bewerten, welche Inhalte relevant sind. Arbeiten Sie deshalb bei jedem Content Piece ganz klar heraus, was der Nutzen ist – und brechen Sie komplexe Sachverhalte auf kleinere Informationseinheiten herunter, damit sie einfach konsumiert werden können.

3. Testen Sie verschiedene Formate

Testen Sie verschiedene, abwechslungsreiche Formate, um Inhalte zu vermitteln. Neben dem Klassiker Text, Bild und Infografik, können Sie beispielsweise auch mal versuchen, ein Thema in einem Video oder Podcast zu behandeln.

4. Setzen Sie digitale Formate gezielt ein

Digitale Veranstaltungen und Web-Seminare sind bei jüngeren Ärztinnen und Ärzten besonders beliebt. Setzen Sie diese Formate gezielt ein, um bei der jüngeren Zielgruppe Awareness zu schaffen und mit ihr in den Dialog zu gehen.

5. Bieten Sie auf Social Media attraktive Inhalte an, die zur Interaktion anregen

Auch Ärztinnen und Ärzte nutzen verstärkt Social Media. Recherchieren Sie, auf welchen Netzwerken sich Ihre Zielgruppe aufhält und bieten Sie ihr dort attraktive Inhalte, die zur Interaktion anregen. Wenn Sie beobachten, welche Beiträge geteilt und kommentiert werden, erhalten Sie wertvolle Insights.

6. Achten Sie auf den Mehrwert Ihrer digitalen Anwendungen

Dem Thema Digitalisierung stehen alle Altersgruppen positiv gegenüber, Jüngere mögen vor allem Apps. Achten Sie aber darauf, dass Ihre digitalen Anwendungen oder Plattformen kein Selbstzweck sind, sondern einen wirklichen Mehrwert bieten, der Ärztinnen und Ärzte in ihrem Berufsalltag unterstützt.

Quick Poll

Alle Umfrage-Ergebnisse auf einen Blick

Sie möchten wissen, wie junge Ärztinnen und Ärzte online recherchieren? Wir senden Ihnen Zahlen aus unserer aktuellen Umfrage unter 1.887 jungen Ärztinnen und Ärzten gerne zu.

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