Ein Blick in die indische Ärzte-Community Docplexus
Es herrscht ein drastischer Ärztemangel, die Mediziner leiden unter Zeitdruck und werden immer schlechter vom Pharma-Außendienst erreicht. Nein, die Rede ist nicht von Deutschland, sondern von Indien. Dort gibt es nämlich ähnliche Herausforderungen wie hier, die Situation ist aber weitaus dramatischer.
Während hierzulande rund 290 Patienten auf einen Arzt kommen, sind es in Indien 1.700 Patienten. Das stellt die Mediziner vor fast unlösbare Herausforderungen. Ärzte-Netzwerke schaffen hier Erleichterung. Denn sie sind für Viele – insbesondere in den ländlichen Regionen Indiens – die einzige Möglichkeit, auf Erfahrungswissen von Kollegen zuzugreifen. Deshalb tauschen sich schon 40 % der indischen Ärzte in der Community Docplexus aus – und viele nutzen sie als einzige Informationsquelle, um sich fachlich fortzubilden.
Warum uns das interessieren sollte? Die Probleme der Ärzte – und damit auch deren Erwartung an Pharma – verdichten sich in Indien wie unter einem Brennglas. Was dort bereits das Informationsverhalten der Ärzte prägt, wird auch in Deutschland wichtiger werden.
Ich habe mit dem Docplexus-Mitgründer und CEO Phanish Chandra gesprochen und die interessantesten Fakten und Trends für Sie zusammengetragen.
Der Ruf der Ärzte nach digital verfügbaren Informationen und kollegialem Austausch ist kein typisch deutsches Phänomen. Nach einer Schätzung von Len Starnes sind weltweit rund 5,5 Millionen Ärzte in Fach-Communities aktiv – das entspricht jedem zweiten bis dritten Arzt. Der Siegeszug der Ärzte-Communities begann in den USA. Dort ging vor mittlerweile 13 Jahren Sermo an den Start als das weltweit erste Ärzte-Netzwerk. Heute gibt es weltweit mehr als 100 Ärzte-Netzwerke, Tendenz steigend. Auch – oder gerade – in Ländern mit einem weniger ausgereiften Gesundheitssystem ist der Bedarf der Ärzte nach einfach zugänglichen seriösen Informationen besonders hoch.
Der rasante Aufstieg von Docplexus
Docplexus funktioniert im Grunde wie coliquio, und das ist kein Zufall: die coliquio-Gründer Martin Drees und Felix Rademacher haben Docplexus vor vier Jahren mitgegründet. Und so unterschiedlich Deutschland und Indien auch sind – die Nachfrage der Ärzte ist in beiden Ländern ungebrochen. Docplexus ist gerade einmal vier Jahre alt – dafür ist die Zahl der angemeldeten Ärzte beeindruckend. Schon 40 % der indischen Ärzte nutzen die Plattform.
Hier bilden sie sich mit kurzen Video-Clips weiter, recherchieren zu Präparaten und holen sich fachlichen Rat. Monatlich werden 6.000 neue Ärzte Teil der Community. Wie bei coliquio auch, haben nur approbierte Mediziner Zugang: Von jedem User wird ein entsprechender Nachweis verlangt. Die User verteilen sich über das gesamte Land. Docplexus spielt insbesondere auch in ländlichen Regionen, die vom Pharma-Außendienst schlecht erreicht werden, eine große Rolle.
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In India we bypassed this desktop revolution completely and the Indian population directly adopted the smartphone. After the popularity of Facebook and especially WhatsApp, people all across started using the smartphone and the internet services. For our growth, it was key to be mobile ready from day one.
Die 3 wichtigsten Trends aus der Community
Laut einer Docplexus-Studie informiert sich die Mehrheit der indischen Ärzte am liebsten online über Behandlungsmöglichkeiten – jeder Zweite bevorzugt sogar Docplexus. Die befragten Mediziner setzen also voraus, dass Pharmaunternehmen hier ihre Informationen bereitstellen.
Auch in Deutschland erwarten die Ärzte immer selbstverständlicher, auf coliquio Infos über sämtliche relevante Präparate vorzufinden.
In Indien ist es für den Pharma-Außendienst sehr schwer, dem Arzt exklusives neues Wissen zu bieten – denn meist kennen die Ärzte die Themen schon von den Online-Angeboten. Zwar wünschen Dreiviertel der indischen Ärzte nach wie vor Kontakt zum Pharma-Außendienst. Doch nur ein Drittel der Befragten sieht darin einen Mehrwert für ihre medizinische Praxis.
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If you look at the sales representative’s role, it has changed dramatically over times. Nowadays with any knowledge that a pharma representative is bringing, it is highly likely that the doctor has already seen that information online.
Was Docplexus für Ärzte so relevant macht, ist – wie in Deutschland auch – der unkomplizierte Zugang zu aktuellem medizinischen Wissen und Expertenmeinungen. Angesichts des drastischen Ärztemangels leiden indische Mediziner ganz erheblich unter Zeitdruck. Die Möglichkeit, sich schnell und zwischendurch informieren zu können, ist für sie essentiell, um ihren Beruf überhaupt ausüben zu können.
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In India we have only 1 doctor for every 1.700 patients. So, the pressure on the doctor is huge. He still needs time to upgrade his skills and to learn about the new advances in medical science. So, the value proposition for doctors we bring forward is: learning can be social and it can be fun. You can consume this type of content in 5-6 minutes and start using it in your practice tomorrow.
Audio und Video-Content spielen daher in Indien eine große Rolle – denn er ist leicht erfassbar und erspart längeres Lesen. Docplexus produziert regelmäßig verschiedene Audio- und Video-Formate, wie zum Beispiel Online-Serien oder KOL-Interviews.
Auch bei coliquio haben sich mehrere Videoformate etabliert, die von den Ärzten gerne genutzt werden. Die Wissensvermittlung via Audio und Video wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen.
Noch vor fünf Jahren war es in Online-Communities üblich, sich mit einem Pseudonym zu registrieren. Heute ist ein klarer Trend zum Klarnamen erkennbar. Auch bei coliquio geben immer mehr Ärzte ihren richtigen Namen an und verzichten auf ein Pseudonym.
Bei Docplexus vollzog sich dieser Wandel sehr schnell, wie Chandra mir berichtete:
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When we started in India, we started with an anonymous platform, where doctors could use their pseudo names. We soon realized that Indian doctors are more open to use their real names. Even if they were commenting with their pseudo names, at the end of the comment they mentioned their real names, their degree and other details. Today, all the doctors registered with us use their real names on our platform.
Der Grund: Erstens wollen viele Ärzte ihre Reputation pflegen – insbesondere, wenn sie schon viel Erfahrung haben oder sogar Koryphäen in ihrem Gebiet sind. Wenn sich ein Arzt Zeit nimmt und seine Expertise einbringt, will er dafür auch Anerkennung. Und umgekehrt stärkt es das Vertrauen des Arztes, der um Hilfe bittet, wenn nicht ein anonymer Tippgeber weiterhilft, sondern derjenige seine Identität offenlegt.
Mediziner wollen alle Infos aus einer Hand
Ein niedergelassener Arzt in einer ländlichen Region Indiens hat nicht einmal genügend Zeit, alle Patienten ausreichend zu behandeln. Wie soll er sich da nebenbei noch über die neuesten medizinischen Erkenntnisse und Therapien informieren? Genau aus diesem Grund boomte Docplexus von Anfang an. Denn die Community ist nicht nur eine leicht zugängliche Informationsquelle für die ohnehin digitalaffinen indischen Ärzte. Sie ist für Viele auch die einzige Möglichkeit, bei Bedarf auf Erfahrungswissen von Kollegen zuzugreifen – und gerade dieses praxisnahe Wissen braucht der Arzt, um Therapieentscheidungen treffen zu können.
Auch in Deutschland steigt der Kosten- und Zeitdruck von Kliniken und Medizinern und somit der Bedarf der Ärzteschaft nach einer umfassenden Informationsquelle und kleinen Content-Häppchen für die Adhoc-Weiterbildung.
Deshalb ist der Blick auf Indien so spannend. Hier wird die veränderte Erwartungshaltung der Ärzte an Pharma und deren Auswirkung schon deutlich sichtbar: Der Außendienst ist kaum noch relevant. Die Ärzte in Indien verlassen sich darauf, auf Docplexus alle relevanten Infos zu finden, die sie für die Ausübung ihres Berufs brauchen. Denn es bleibt schlicht keine Zeit, mehrere Quellen zu konsultieren. Unternehmen, die in diesem Setting nicht präsent sind, werden schlicht nicht wahrgenommen.
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