Dr. Stefan Waller, Facharzt für Kardiologie, litt in seiner Laufbahn zunehmend darunter, dass im Medizinalltag nicht genügend Zeit blieb, um Patienten umfassend zu informieren. Seine Lösung: Als „Dr. Heart“ vermittelt er Basis-Wissen zum Thema Herzerkrankungen – in leicht verständlichen kurzen Videos. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, was er sich von Pharmaunternehmen wünscht, wie er sich fachlich weiterbildet und wie er eine bessere Medizin vorantreiben will. 

„Dr. Heart“ im Interview

Nathalie Haidlauf: Als „Dr. Heart“ bieten Sie mittlerweile über 140 Videos an, mit denen Sie Gesunde und Herzpatienten informieren. Welches Ziel verfolgen Sie damit?

Dr. Stefan Waller: Heute können die Ärzte ihrer Aufgabe, Patienten umfassend zu informieren, kaum noch gerecht werden – das ist ein strukturelles Problem. Wir müssen den Patienten stärker in den Fokus nehmen und schauen: Welche Informationen braucht er und wie vermittle ich ihm dieses Wissen, ohne mich in Medizinerfloskeln zu verlieren? Zudem ist es ohnehin so, dass rund 95 % der Fragen, die von Patienten gestellt werden, immer wieder aufkommen. Da liegt es nahe, diese FAQs in kurzen Videos zu beantworten. So ist Dr. Heart entstanden. Damit sollen Herzpatienten ein Grundwissen an die Hand bekommen und befähigt werden, die kurze Zeit, die sie beim Arzt haben, besser nutzen zu können.

Nathalie Haidlauf: Wie können Pharmaunternehmen Sie als Arzt dabei unterstützen, Patienten gezielt zu informieren?

Dr. Stefan Waller: Ich denke, Ärzte und Pharmaunternehmen könnten noch stärker an einem Strang ziehen und gemeinsam daran arbeiten, dass die Patienten ihre Erkrankung verstehen und sich adhärent verhalten. Denn es ist ja bekannt: Nur die Hälfte der Medikamente, die laut Leitlinie indiziert wären, werden überhaupt eingenommen, weil die Patienten die Sinnhaftigkeit der Therapie nicht verstehen. Das führt nachweislich zu einer deutlich schlechteren Lebensqualität und einer kürzeren Lebenserwartung.

  • Nur wenn die Patienten besser informiert sind, werden sie ihre Medikamente treuer einnehmen. Letztlich profitiert auch Pharma davon, sich in der Kommunikation stärker auf die Aufklärung zu den Krankheitsbildern zu fokussieren, anstatt auf ihre spezifischen Produkte.

    Dr. Stefan Waller

Nathalie Haidlauf: Patienten nehmen ihre Gesundheit heute stärker denn je selbst in die Hand. Wie verändert das Ihre Arbeit als Arzt?

Dr. Stefan Waller: Gerade der jüngere Patient wird zunehmend selbstbewusster und gibt die Verantwortung nicht mehr – wie früher – an der Praxistür ab. Das finde ich super. Insbesondere bei chronischen seltenen Erkrankungen weiß der Patient, der sich seit Jahren aufgrund seiner eigenen Betroffenheit informiert, oftmals mehr als der Arzt. Das muss man als Mediziner anerkennen und im Zweifelsfall ganz offen sagen: „Das weiß ich gerade nicht, da muss ich mich selbst informieren“. Das wird vom Patienten eher honoriert, als wenn man etwas vorgaukelt, was dann gar nicht stimmt.

Nathalie Haidlauf: Die Medizin ist durch ständigen Fortschritt geprägt. Wie halten Sie sich auf dem Laufenden, was sind Ihre wichtigsten Informationsquellen?

Dr. Stefan Waller: Das ist ziemlich breit gefächert. Zum einen erhalte ich viele Fachnewsletter, anhand derer ich mir relevante Fachinfos scheibchenweise zu Gemüte führen kann. Darüber werde ich dann oftmals auf die entsprechenden Internetseiten geleitet. Daneben erhalte ich auch Fachliteratur nach Hause. Und ich besuche altherkömmliche Anwesenheitsfortbildungen verschiedener Art, z.B. die Herztage oder den Kardiologenkongress in Mannheim. In Berlin und vonseiten der Uniklinik-Standorte gibt es hier ein gutes Angebot.

Nathalie Haidlauf: Sie sind auch auf coliquio aktiv. Wie nutzen Sie die Ärzte-Community?

Dr. Stefan Waller: Ich kenne coliquio jetzt seit knapp zwei Jahren und habe hier schon öfter Gastbeiträge verfasst. Was ich am interessantesten finde, ist die Netzwerkfunktion, also dass hier Diskussionen unter Fachexperten stattfinden. Es gibt immer wieder spezielle Probleme, die einem im Alltag begegnen und die man nicht so einfach in einem Medizinbuch beantwortet bekommt. Es ist praktisch, dass man solche Themen auf coliquio mit Kollegen diskutieren kann – und das wird ja auch lebhaft genutzt.

Nathalie Haidlauf: Vielen Dank für die spannenden Einblicke, Herr Dr. Waller.

Das Interview wurde im November 2016 geführt. Hier erschien bereits der erste Teil des Gesprächs.

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Nathalie Haidlauf
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berichtet für coliquio Insights über die wichtigsten Marketing-Trends und liefert Inspirationen für die Pharmakommunikation der Zukunft.