Onko-Impuls: Herausforderungen im gyn-onkologischen Klinikalltag
Wie und wo informieren sich Gyn-Onkolog:innen, wie müssen diese Informationen aufbereitet sein, damit sie im stressigen Klinikalltag am besten davon profitieren und was wünschen sie sich von pharmazeutischen Unternehmen dazu?
Die coliquio-Redaktion steht im ständigen Austausch mit Fachleuten aus verschiedenen medizinischen Bereichen. Diese Gespräche sind für uns essenziell, um die Bedürfnisse der Ärztinnen und Ärzte besser zu verstehen und ihnen relevante Informationen in der passenden Form zur Verfügung zu stellen. Diesmal konnten wir mit Fachärztin Dr. Juliane Reichenbach, tätig in der Gynäkoonkologie an der LMU München, über ihren beruflichen Alltag, ihre Herausforderungen und ihre Informationsbeschaffung sprechen.
Alltag in der Gyn-Onko: Vielfältig und ständig Neues
Dr. Reichenbach berichtete von der Breite des Fachgebiets Frauenheilkunde. Neben ihrer Tätigkeit in der gynäkologischen Onkologie müsse sie auch fundierte Kenntnisse in der Geburtshilfe haben: „Gerade in der Frauenheilkunde ist es sehr wichtig, up to date zu bleiben – auch in den Punkten, die gerade nicht den eigenen Schwerpunkt abbilden.“
Die Onkologie, insbesondere die Gyn-Onkologie, sei dabei besonders dynamisch: „Ich kann mich noch gut erinnern, als plötzlich die PARP-Inhibitoren kamen und die Therapie des Ovarialkarzinoms revolutioniert haben – und jetzt ist es gang und gäbe.“
Informationsbeschaffung im stressigen Klinikalltag: Was wirklich hilft
Ein zentraler Punkt, der im Gespräch deutlich wurde, ist die Herausforderung, neben der täglichen klinischen Arbeit auf dem neuesten Stand der Wissenschaft zu bleiben. Aufgrund der begrenzten Zeit ist es für Dr. Reichenbach besonders wertvoll, an kompakten und praxisrelevanten Fortbildungen teilzunehmen:
- „Am wichtigsten sind für mich die Stellungnahmen der Fachgesellschaften, die Guidelines und die Verfahrensanweisungen, die wir intern darauf basierend erfassen.“
- „Die Post-Kongress-Veranstaltungen finde ich immer sehr gut, wenn man selbst nicht die Möglichkeit hat, tatsächlich selbst auf Kongresse zu gehen.“
- „Zusätzlich haben wir viele interne Fortbildungen aus den verschiedenen Fachbereichen, wo die Kollegen uns wichtige Inputs geben.“
Dabei wünscht sie sich eine klare und praxisnahe Aufbereitung von Informationen: „Das Allgemeine tatsächlich einfach oberflächlich portioniert: Was ist wirklich relevant, was ist praxisrelevant, was kann ich für mich mitnehmen?“
Dieses Feedback ist für uns bei coliquio besonders wertvoll, um unsere Inhalte optimal auf die Bedürfnisse der Onkologinnen und Onkologen abzustimmen.
Zusammenarbeit mit Pharma: Potenziale in der Beratung und Information
Die Zusammenarbeit mit der pharmazeutischen Industrie ist für Dr. Reichenbach vor allem im Kontext von Symposien und wissenschaftlichen Veranstaltungen relevant. Sie schätzt es, aktuelle Daten und Informationen direkt von den Herstellern zu erhalten:
„Der größte Berührungspunkt sind Veranstaltungen, wo uns in Symposien der Pharmaindustrie wissenschaftliche, neutrale Informationen gegeben werden.“
Darüber hinaus sieht sie Potenzial in einer besseren Unterstützung bei begleitenden Maßnahmen, z. B.
- bei der Beratung von Patientinnen zu Nebenwirkungen und Supportivtherapien
- mit praktischen Tipps zum Therapie- und Nebenwirkungsmanagement
„Es wäre schön, wenn da die Pharmaindustrie mich ein bisschen mehr informieren würde, was das ganze Drumherum betrifft.“ Denn oftmals seien es die kleinen Tipps und Empfehlungen, die den Patientinnen im Alltag helfen – etwa bei der Wahl der richtigen Hautpflege während der Therapie oder bei Fragen zum Nebenwirkungsmanagement.
Diese Themen und Formate sind beliebt
Erfahren Sie, welche Inhalte sich Ärztinnen und Ärzte aus der Onkologie und Gynäkologie in welchem Medium wünschen: Welches Verhältnis aus Text, Visualisierungen und Interaktion ist das richtige? Wann macht ein Video-Format Sinn? Wie lang darf es maximal sein?
Zusammenarbeit mit Niederlassung: Kommunikationslücken & Optimierungspotenzial
Ein weiteres zentrales Thema im Gespräch war die Zusammenarbeit mit der niedergelassenen Ärzteschaft. Gerade in der Betreuung onkologischer Patientinnen und Patienten sind Niedergelassene wichtige Partner.
Doch in der Praxis hapert es häufig an der effizienten Kommunikation und am Austausch von Befunden: „Es ist sehr mühsam, wenn das Patientengespräch, für das man eh nur sehr wenig Zeit hat, eingenommen ist von organisatorischen Dingen“, beschreibt Dr. Reichenbach die Problematik.
Dabei wäre eine einfachere Zugänglichkeit zu Befunden und eine schnellere Kommunikation mit externen Partnern eine große Erleichterung. „Ich glaube, dass den Hausärzten da schon eine sehr wichtige Rolle zuteil wird, auch in der palliativen Situation“, fügt sie hinzu.
Digitalisierung in der Onkologie: Segen und Fluch zugleich
Digitalisierung kann Prozesse vereinfachen und gleichzeitig neue Herausforderungen schaffen. Dr. Reichenbach weiß die Vorteile digitaler Tools wie eines Belastungsscreenings zu schätzen, kritisiert aber die mangelnde Integration der verschiedenen Systeme: „Was ich aber als Problem sehe, ist, dass die Digitalisierung uns manchmal auch unsere Prozesse verlangsamt oder mühsamer macht, weil zum Beispiel die Schnittstellen zwischen den Programmen nicht vorhanden sind.“
Ihre Wünsche für die Zukunft sind klar: „Warum gibt es keinen elektronischen Nachsorgekalender, wo ich das gleich im Programm sehe?“ Eine stärkere Automatisierung und Standardisierung digitaler Prozesse würde nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch mehr Zeit für die eigentliche Patientenberatung schaffen.
Redaktion: Kristina Lutilsky und Silke Fanta
Foto: privat
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