Sie haben sich sicher schon einmal gefragt: Warum sind manche Menschen erfolgreicher als andere? Welche Eigenschaften unterscheiden Goldmedaillengewinner, von Sportlern, die sich nicht für Olympia qualifiziert haben? Was haben all die „Overachiever“, „High-Performer“ und Überflieger, das dem Rest der Welt anscheinend fehlt?

Sind sie einfach Genies? Ist Talent der alleinige Schlüssel zum Erfolg?

Angela Duckworth, Professorin für Psychologie an der Universität Pennsylvania, ist überzeugt: Maßgeblich verantwortlich für Erfolg ist die Fähigkeit, entschlossen ein Ziel zu verfolgen. Sie beschreibt diese Fähigkeit als „Grit“ und definiert sie als eine Mischung von zwei Komponenten: Leidenschaft (Passion) und Beharrlichkeit (Perseverance). Sind diese beiden Komponenten ausgeprägt, hat die Person eine hohe Chance erfolgreich zu sein.

  • Grit is having a passion to accomplish a particular top-level Goal and the Perseverance to follow through.

    Angela Duckworth Grit, Seite 250

Grit zu besitzen, heißt aber nicht nur hart zu arbeiten, sondern ein bestimmtes Ziel beharrlich zu verfolgen. Dieses Top-Level-Ziel wird von einer Leidenschaft oder einem Talent einer Person bestimmt.

Die wichtigsten Forschungsergebnisse hat Angela Duckworth in ihrem Buch „Grit – the Power of Passion and Perseverance“ zusammengestellt. Wir stellen Ihnen die 6 wichtigsten Thesen vor:

1. Talent alleine kann irreführend sein

Duckworth beschreibt Talent als die Geschwindigkeit, mit der sich ein einzelner auf der Lernkurve einer bestimmten Fähigkeit bewegt. Sind Sie ein talentierter Schwimmer, können Sie Ihre Performance bei gleichem Aufwand schneller ausbauen als eine untalentierte Person.

Intelligenz, anatomische Vorteile und andere zumeist angeborene Talente haben großen Einfluss, in welchen Bereichen wir die Chance haben, überdurchschnittliche Leistungen zu erzielen.

Talent als einzigen Treiber von Erfolg zu sehen, ist jedoch problematisch. Duckworth hat untersucht, welche Faktoren für den Erfolg im National Spelling Bee Contest verantwortlich sind. Bei diesem in den USA berühmten Wettbewerb müssen Kinder im Alter zwischen sieben und dreizehn Jahren Worte buchstabieren.

Duckworth fand zwei Zusammenhänge: Die Kandidaten mit höherem Sprachvermögen, also mehr Talent, kamen im Schnitt auch weiter im Wettbewerb. Ebenso waren die Kinder erfolgreicher im Wettbewerb, die einen höheren Wert auf der von Duckworth entwickelten Grit-Scala aufwiesen. Diese Scala misst die beiden Bestandteile „Passion“ und „Perseverance“. Beides ist erst einmal nicht weiter verwunderlich. Sie fand allerdings keinen Zusammenhang zwischen Sprachvermögen und den Werten auf der Grit Skala. Die Anzahl der Übungsstunden, die Kandidaten investieren wird nicht von ihren Talenten bestimmt. Das ist auf den ersten Blick kontraintuitiv: Haben die Kandidaten mit höherem Talent nicht ein gesteigertes Interesse daran, mehr Übungsstunden zu investieren, da sie so sehr viel besser abschneiden würden?

Die Implikationen liegen auf der Hand: Talentiert zu sein ist hilfreich. Es hat aber keine Auswirkungen darauf, wieviel „Grit“ eine Person hat. Je höher eine Person auf der Grit-Scala steht, desto mehr wird sie sich anstrengen ein Ziel zu erreichen. Die Frage ist, welche Komponente ist stärker, was führt eher zu Erfolg?

2. Anstrengung zählt doppelt

Wie hängen Anstrengung, Talent und Erfolg zusammen? Duckworth hat eine einfache Theorie entwickelt, um den Zusammenhang zu veranschaulichen. Sie berücksichtigt weder Zufälle, noch den Einfluss, den ein guter Coach haben kann oder andere äußere Einflüsse.

Der erste Teil dieser Formel nimmt an: je mehr Anstrengung (Effort) in ein Talent investiert wird, desto mehr wachsen die Kompetenzen (Skill) in dieser Fähigkeit.

 Talent x Effort = Skill

Die Kompetenz alleine entscheidet jedoch nicht über Erfolg. Der zweite Teil der Formel stellt die These auf: Je mehr Anstrengung (Effort) in eine Kompetenz (Skill) investiert wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für Erfolg (Achievement).

 Skill x Effort = Achievement

Alle Bestandteile sind wichtig für Erfolg. Allerdings zählt Anstrengung (Effort) doppelt. Sind Sie ein begabter Schwimmer und trainieren diese Fähigkeit, werden Sie Kompetenzen entwickeln. Aber nur, wenn Sie noch mehr Anstrengung in diese Kompetenz „Schwimmen“ investieren, werden Sie Erfolge sehen.

3. Entscheidend ist ein definiertes Ziel

Personen, die hohe Werte auf der Grit-Scala haben, also viel „Passion“ gepaart mit einer hohen „Perseverance“, haben ein bestimmtes Top-Level-Ziel vor Augen und verfolgen es über einen langen Zeitraum. Dieses Ziel bestimmt alle anderen Tätigkeiten und untergeordneten Ziele. Menschen mit hohem Grit-Faktor kennzeichnen sich dadurch, dass sie dieses Ziel beschreiben können und klar vor Augen haben.

levels

In ihrem Buch beschreibt Duckworth drei Arten von Zielen: Low-Level-, Mid-level- und die bereits erwähnten Top-Level-Ziele. Eine Person mit hohem „Grit“-Faktor bestimmt ein Top-Level-Ziel und verfolgt es mit Beharrlichkeit. Low-Level-Ziele beschreiben spezifische Aufgaben wie „pünktlich zur Arbeit zu kommen“ und werden von Mid-Level-Zielen bestimmt. Ein Beispiel: „Mir ist es wichtig pünktlich zu kommen, um respektiert zu werden“. Das Top-Level-Ziel dazu könnte sein „ich will der beste Manager werden, der ich sein kann“.

Für den Baseball-Werfer Tom Seaver war das Top Level Ziel, jeden Tag besser zu pitchen als am Tag zuvor. Dieses Ziel beeinflusste alles was er tat:

tom-seaver
  • (It) determines what I eat, when I go to bed, what I do when I am awake. It determines how I spend my life, when I´m not pitching. (..) If it means I have to remind myself to pet dogs with my left hand or throw logs on the fire with my left hand, then I do that too. (…)

    Tom Seaver Grit, Seite 63

4. Grit und Bestimmung

Die Erfolgsgeschichte der meisten Menschen beginnt mit der Leidenschaft, in einem bestimmten Bereich besser zu werden. Im zweiten Schritt bauen sie diese Leidenschaft durch Selbstdisziplin aus und haben dadurch mehr Erfolg in ihrem angestrebten Bereich. Die meisten Personen treten in späteren Jahren in eine Phase, in der sie ihren persönlichen Erfolg in eine übergeordnete Bestimmung einfügen und als Dienst an anderen Menschen verstehen.

Duckworth fand in ihren Forschungen klare Zusammenhänge zwischen den Werten, die verschiedene Menschen auf der Grit-Scala erreichen und wie sehr sie denken, ihre Arbeit sei für andere da. Das Gefühl, mit seinem Erfolg anderen Menschen zu nutzen, führt zu wesentlich mehr Motivation.

In Ihrem Buch nennt Duckworth drei Schritte, wie Sie mehr „Bestimmung“ in Ihre Tätigkeiten bringen können.

  1. Machen Sie sich bewusst: Wie hat Ihre momentane Arbeit jetzt schon einen Einfluss auf das Wohl der Gesellschaft?
  2. Finden Sie heraus, wie Sie in kleinen aber bedeutsamen Schritten die Tätigkeiten in Ihrer Arbeit anpassen können, sodass die Arbeit mehr Ihren Werten entspricht.
  3. Finden Sie Inspiration: Suchen Sie sich ein Vorbild, das Sie motiviert, zu einer besseren Person zu werden.

5. „Deliberate Practice“ macht den Unterschied

Wie wichtig Anstrengung, Training und Einsatz für Erfolg sind, ist selbstverständlich. Es ist aber nicht nur entscheidend, wie oft trainiert wird, sondern auch wie.

Duckworth beschreibt in ihrem Buch, dass Top-Athleten in ihren Disziplinen nicht immer mehr Stunden trainierten als ihre nicht ganz so erfolgreichen Kollegen. Nicht nur die Quantität von Trainingsinheiten, sondern auch die Qualität des Trainings ist entscheidend.

„Overachiever“ üben sich in einer Art zu trainieren, die als „Deliberate Practice“ (Reflektierendes Training) bezeichnet werden kann. Sie definieren ein Stretch Goal, das sich auf einen bestimmten Bereich ihrer Fähigkeiten beschränkt. Dann setzen Sie alles daran, dieses Ziel zu erreichen.

Sie beschreibt noch drei weitere Bestandteile, die eine „Deliberate Practice“ ausmachen und schneller zu Erfolg führen:

  • Jede Trainingseinheit braucht volle Konzentration und Einsatz. Sportler halten oft kleine Nickerchen nach Trainingseinheiten. Nicht so sehr wegen der körperlichen Beanspruchung, sondern, um sich mental zu Höchstleistungen zu motivieren.
  • Sofortiges und qualitatives Feedback, da es Fehler aufzeigt und Möglichkeiten für Verbesserung schafft.
  • Wiederholung mit Reflexion und konstanter Anpassung. Wichtig ist nicht nur Feedback von Trainern und Kollegen, sondern auch die eigenständige Reflexion des Trainierenden. Um Erfolg zu haben, müssen Trainingsarten ständig angepasst werden.

Duckkworth findet, tägliche Routine und Gewohnheit sind der beste Freund und ständiger Begleiter von Personen, die hoch auf einer Grit-Scala liegen.

6. „Grit“ kann entwickelt werden

Die erste gute Nachricht: „Grit“ ist keine feststehende Eigenschaft, die Sie entweder haben oder nicht. Es ist eine Fähigkeit, die sie erlernen können. Duckworth fand in ihrer Forschung Hinweise, dass „Grit“ bei den meisten Menschen in zunehmendem Alter zunimmt.

Wie können Sie mehr „Grit“ bekommen? Zentral ist ein wachstumsorientiertes Denken (Growth-Oriented Mindset). Im Gegensatz zu Menschen mit einem fixierten Denken (Fixed Mindset), sind diese davon überzeugt, sie können ihre Umstände ändern und nicht Talent, sondern Einsatz entscheidet über Erfolg. Deswegen entwickeln sie die Beharrlichkeit, ein Ziel zu verfolgen. Sie können ihren „Grit“ steigern, indem Sie Ihre Top-Level-Ziele identifizieren und Ihre Tätigkeiten darauf anpassen.

Außerdem können Sie „Grit“ durch Erziehung fördern. Das machen Sie, indem Sie in Ihren Kindern ein wachstumsorientiertes Denken fördern. Hat Ihr Kind einen Wettkampf gewonnen oder eine gute Note erreicht, loben und ermutigen Sie die Anstrengung ihres Kindes und nicht dessen Talent.

Am einfachsten entsteht „Grit“ durch Kultur: Der Mensch ist ein Herdentier und passt sich den Umständen an, die Ihn umgeben.

Für Unternehmen ist das ein spannender Aspekt. Sie können, durch das richtige Management in Ihrem Unternehmen, „Grit“ fördern. Befragen Sie Mitarbeiter in Unternehmen, können Sie leicht herausfinden, ob Sie in einem Unternehmen mit wachstumsorientierten Denken arbeiten oder ob ein fixiertes Denken vorherrscht. In einem Unternehmen, das fixiertes Denken fördert, werden Mitarbeiter Aussagen bejahen wie „In meiner Firma gibt es nur einige wenige Star-Angestellte“

Erfolg entsteht durch „Grit“

Diese Erkenntnisse ermutigen und fordern zur selben Zeit heraus. Wenn Sie Ihre Ziele erreichen wollen, müssen Sie jeden Tag ein bisschen besser sein als gestern und „Grit“ beweisen, diese Mischung aus „Passion“ und „Perseverance“

Nicht Ihr Talent ist entscheidend. Erfolg entsteht durch die Anstrengung, mit der Sie Tag für Tag Ihre Ziele verfolgen. Top-Performer sind in ihren Bereichen nicht immer die talentiertesten, sie haben nur am meisten „Grit“. Sie verfolgen mit Beharrlichkeit ein Ziel, dass sie klar vor Augen haben.

Auch wenn viele dieser Beispiele aus dem Sport kommen, lassen sich die Prinzipien dahinter auch auf Ihre Arbeit anwenden.

Finden Sie Möglichkeiten, um qualitatives Feedback zu Ihrer Arbeit zu bekommen. Setzen Sie sich ambitionierte Ziele, die Sie erreichen wollen. Reflektieren Sie, wie Sie Ihre Arbeitsmethoden anpassen können um Ihre Ziele besser zu erreichen. Finden und Suchen Sie die Bestimmung in Ihrer Arbeit. Und geben Sie jeden Tag Ihr Bestes.

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