Tablets, Smartphones, E-Mails, Social Media, Communities,… Die Liste der Devices und Kanäle, die unsere Kunden nutzen, wird immer länger. In Unternehmen sind die Auswirkungen wohl nirgends so stark zu spüren wie im Marketing. Dort hat die Digitalisierung das gesamte Arbeiten auf den Kopf gestellt: 

Zwar sind klassische Fähigkeiten wie Markenaufbau oder Kreativität nach wie vor gefragt. Heute spielen aber auch Daten, Zahlen und Technologie eine zentrale Rolle. Die Anforderungen an Marketing-Teams sind dadurch stark gestiegen.

Wer den sich ständig verändernden Marktbedingungen Herr werden will, muss sich schnell anpassen können. Immer mehr Unternehmen setzen daher auf Agile Marketing.

Was heißt ‚agil‘?

chamaleon_spruch

Agil zu sein heißt, sich schnell und flexibel auf Veränderungen und äußere Einflüsse einstellen zu können. Damit das gelingt, müssen Strukturen und Prozesse im Unternehmen entsprechend angepasst werden.

Wer seiner Zielgruppe wirklich relevanten Content genau zur richtigen Zeit und am richtigen Ort liefern will, kommt mit starren Hierarchien und langwierigen Freigabeprozessen in der digitalen Welt nicht weit.

Ursprung der Agile-Bewegung

Der Begriff „agile“ kommt aus der Softwareentwicklung, wo seit der Jahrtausendwende agiles Arbeiten immer populärer wurde. 2001 verfasste eine Gruppe von Software-Entwicklern das bekannte „Manifesto for Agile Software Development“, das heute das Fundament der gesamten Agile-Bewegung ist.
Bald begannen auch Produktmanager und Marketer, die darin beschriebenen Werte und Prinzipien auf ihre eigene Arbeit zu übertragen. 2012 entstand dann das Agile Marketing Manifesto.

Agiles Marketing bietet eine Möglichkeit, den Abgrund zwischen der digitalen Realität und traditionellen Prozessen und Arbeitsweisen zu überwinden.

Im Folgenden wollen wir uns deshalb am Beispiel des agilen Scrum-Frameworks ansehen, was agiles Marketing zu bieten hat – und welche ‚Quick-wins‘ es für Pharma-Marketing-Teams gibt, wenn sie im Kleinen mit Agile Marketing beginnen.

Wie funktioniert Scrum?

Anstelle eines starren Marketingplans tritt ein Backlog (1) – also eine priorisierte Sammlung aller Aufgaben, Ideen und Projekte, die jederzeit erweitert werden kann.

Aus diesem Backlog wählen wir im sogenannten Sprintplanungs-Meeting (2) alle zwei Wochen aus, was als nächstes umgesetzt werden soll. Große Projekte, die in 2 Wochen nicht zu schaffen sind, werden in kleinere Schritte heruntergebrochen.

Um unsere Arbeit zu koordinieren, treffen wir uns während des zwei Wochen dauernden Sprints jeden Morgen zum 15-minütigen Stand-up Meeting (2). Dabei stehen wir um unser Whiteboard herum, auf dem unsere To-dos und unser Arbeitsfortschritt visualisiert werden. Jeder beantwortet kurz und knapp die Fragen:

  • Was habe ich gestern geschafft?
  • Woran werde ich heute arbeiten?
  • Gibt es Hindernisse und Störer, die mich aufhalten?

Unser Ziel ist es, so zu arbeiten, dass wir schnell und regelmäßig zu Ergebnissen kommen, die für unsere Kunden einen greifbaren Nutzen haben (3). Nehmen wir uns für einen Sprint beispielsweise vor, den coliquio-insights-Lesern einen aktuellen Einblick in die Arztcommunity zu geben, steht am Ende des Sprints die Veröffentlichung einer entsprechenden Infografik.

Nach einem Sprint rekapitulieren wir im Sprint Review (4), welche Ergebnisse wir für unsere Kunden erzielt haben – und was wir nicht geschafft haben.

Den Abschluss des Sprints bildet die Retrospektive (5). In diesem kurzen Meeting reflektieren wir, was im letzten Sprint gut gelaufen ist und was wir in Zukunft besser machen können. So verbessern wir kontinuierlich unsere Zusammenarbeit und Prozesse.

Dieses Video bietet in 2 Minuten einen guten Überblick, wie Scrum funktioniert:

Agile Pharma Marketing: 5 Quick-Wins

Nun aber zur eigentlich spannenden Frage: Wie können Sie ganz konkret profitieren, wenn Sie mit agilem Marketing beginnen? Die folgenden Vorteile wissen wir am agilen Arbeiten besonders zu schätzen. Nach unserer Erfahrung werden Sie in diesen Bereichen schon in den ersten Wochen positive Veränderungen feststellen.

1. Mehr Geschwindigkeit und mehr Relevanz

Marketing im Digitalen Raum heißt vor allem eines: Geschwindigkeit. Ständig entstehen Marketingchancen – und genauso schnell sind sie wieder passé. Wettbewerbssituationen verändern sich über Nacht, Marketingplattformen wie Google oder Facebook entwickeln sich ständig weiter und, am wichtigsten: Die Nutzer agieren in Echtzeit und erwarten dasselbe von uns. Wenn wir digitale Relevanz erreichen wollen, sind wir gezwungen, uns auf dieses rasante Tempo einstellen.

Deshalb sind wir Fans der oben beschriebenen Sprint-Planung: Wenn wir ein akutes Kundenbedürfnis erkennen oder sich kurzfristig eine neue Marketingchance ergibt, können wir das Thema im nächsten Sprint berücksichtigen und sehr schnell umsetzen.

Zudem planen wir unsere Arbeit so, dass wir unseren Kunden lieber häufig kleinere ‚Produkte‘ anbieten, als monatelang an dem einen, großen ‚Big Bang‘ zu arbeiten, der sich am Ende womöglich als Flop herausstellt.

  • Im Agile Marketing können wir flexibel auf Marktveränderungen reagieren, weil wir in kurzen, iterativen Zyklen planen. Jeder unserer Sprints resultiert in greifbarem Nutzen für unsere Kunden.

    Luise Recktenwald Senior Marketing Manager bei coliquio

2. Erleichterte Priorisierung von Aufgaben

Im Marketing gäbe es immer mehr zu tun, als zu schaffen ist – angesichts der unzähligen potentiellen Touchpoints mit den Kunden ist das kein Wunder. Umso wichtiger ist es für Marketing Teams, einen klaren Fokus zu bewahren und knallhart zu priorisieren: Was ist ‚nice to have‘? Welche Dinge haben gerade die größte Hebelwirkung am Markt?

In der Sprintplanung werden aus den vielen wichtigen Aufgaben die aktuell wichtigsten Aufgaben auswählt und festgelegt, was in den nächsten zwei Wochen konkret umgesetzt werden soll. Diese Art der regelmäßigen Repriorisierung erlaubt es uns sicherzustellen, dass die wichtigsten Aufgaben zuerst erledigt werden.

Stakeholder im Unternehmen kommen gerne auch mit kurzfristigen Aufträgen aufs Marketing zu. Die Sprintplanung hilft dabei, auch mal nein zu sagen und nicht alles sofort umsetzen zu müssen. Natürlich können wichtige Projekte auch kurzfristig in Angriff genommen werden. Schließlich geht es im agilen Marketing gerade darum, sich auf Veränderungen einzustellen.

Aber wir können am Whitebord auch anschaulich zeigen, dass wir dafür eines der anderen für diesen Sprint geplanten Projekte verschieben müssen. Dann muss entschieden werden: Ist die neue Idee wichtiger? Was wird auf einen späteren Sprint verschoben?

  • Im Agile Marketing priorisieren wir konsequent und tun das Wichtigste zuerst.

    Sofia Pinheiro Kommunikations-Designer bei coliquio

3. Mehr Transparenz

Gerade in großen Unternehmen erschwert häufig Silodenken die Zusammenarbeit. Jeder ‚wurstelt‘ so vor sich hin.

Damit ist in agilen Teams Schluss: Sie halten ihre To-dos auf einem Whiteboard fest und besprechen den Fortschritt jeden Morgen im Daily-Standup. Der große Vorteil: Jeder weiß, woran der andere arbeitet. Abhängigkeiten und mögliche Synergien werden sofort sichtbar, Hindernisse können unkompliziert ausgeräumt werden. Und selbst wenn mal jemand unerwartet ausfällt, kann das Team gut nachvollziehen, woran derjenige zuletzt gearbeitet hatte und welche Aufgaben übernommen werden müssen.

Diese Abstimmung ‚on the run‘ macht viele Meetings, die Sie sonst ansetzen müssten, überflüssig – und Sie haben plötzlich viel mehr Zeit, operativ zu arbeiten.

Das ist insbesondere bei interdisziplinären Teams ein großer Gewinn. Starten Sie doch mal den Versuch, wenigstens für ein abteilungsübergreifendes Projekt jeden Morgen kurz zusammenzukommen, um dem Status Quo und die nächsten Schritte zu besprechen – zum Beispiel mit Produkt Manager, Medical Advisor und Communications Manager. Nach einigen Wochen können Sie dann Bilanz ziehen, ob die Abstimmung einfacher geworden ist. Wir sind gespannt auf Ihr Feedback!

  • Im Agile Marketing haben Silos keine Chance. Wir leben Transparenz und stimmen uns effektiv und zeitsparend ab.

    Eva Locker Pharma Touchpoint Manager bei coliquio

4. Der Kunde steht im Fokus

Unternehmen sind meist hierarchisch strukturiert. Das macht es schwer, sein Handeln konsequent an Kundenbedürfnissen auszurichten – oft gilt im Zweifel doch die ‚HiPPO‘, die Meinung des bestbezahlten Kollegen (highest paid person’s opinion).

Dabei sind es doch die Kunden, die unsere Existenz erst rechtfertigen. Ein gutes Hilfsmittel dafür, das gesamte Arbeiten um den Kunden herum zu strukturieren sind im Agile Marketing die User Stories. Dazu werden alle Aufgaben und Anforderungen im Backlog aus Sicht des Users bzw. Kunden formuliert. Das hilft uns dabei, den Blickwinkel unserer Kunden einzunehmen und darauf fokussiert zu bleiben, was unsere Arbeit dem Kunden konkret bringen soll.

Dieses Beispiel zeigt, wie User Stories formuliert sind:

sticky note
  • Im Agile Marketing richten wir unsere Arbeit konsequent darauf aus, den Kundennutzen zu steigern.

    Michael C. Schmidt Online Communication Manager bei coliquio

5. Kontinuierliche Verbesserung und mehr Produktivität

Agiles Marketing heißt, sich kontinuierlich zu verbessern. Am Ende jedes Sprints rekapituliert das Team, was sich bewährt hat und wo es noch Luft nach oben gibt. Dann werden sofort kleine Anpassungen für den nächsten Sprint festgelegt. Veränderung passiert nicht in großen Hau-ruck-Aktionen, sondern kontinuierlich in kleinen Schritten.

Nach einigen Sprints wird sich zudem zeigen, dass das Team seine Kapazität immer besser einschätzen kann, somit seine Zeit optimal nutzt und die Produktivität messbar steigert.

Auch Stakeholder haben so mehr Planungssicherheit: Sie erhalten realistische Termine, wann sie mit der Umsetzung ihrer Maßnahme rechnen können.

  • Im agilen Marketing ist es unser erklärtes Ziel, immer besser zu werden und so effektiv wie möglich zu arbeiten.

    Amira Sabeur Marketing-Werkstudentin bei coliquio

Agiles Marketing – mehr als eine Methode

Agil zu werden ist viel mehr als das Einführen einer neuen Methode: Es ist ein Prozess, der die Arbeitsweise und Kultur eines Teams grundlegend verändert. Agile Teams organisieren sich sehr stark selbst. Jeder Mitarbeiter übernimmt noch stärker die Verantwortung für seine Arbeit.

Diese Haltung ist nicht nur motivierend für jeden einzelnen, sondern macht Unternehmen fit für die digitale Zukunft, in der der Wandel an der Tagesordnung ist.

 

 

Wer sich weiter mit Agile Marketing beschäftigen möchte, dem sei dieses Video empfohlen, das weitere praktische Tipps fürs Agile Marketing enthält:

Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren