Wir erkennen Wissenslücken und gehen auf diese ein
Warum Pharmaunternehmen heute auf allen Kanälen kommunizieren müssen und welche Rolle coliquio beim letzten Produkt-Launch von GSK gespielt hat – darüber spreche ich im Best Practice Talk mit Dr. Elisabeth Moser, Senior Manager Multichannel Marketing bei GSK.
Dr. Elisabeth Moser im Best-Practice Talk
Lysander Fuchs: Frau Dr. Moser, Sie arbeiten seit 8 Jahren mit coliquio zusammen. Warum hat sich Content Marketing bewährt?
Dr. Elisabeth Moser: Ärzte haben heute ein sehr limitiertes Maß an Zeit für Fort- und Weiterbildung ebenso wie für Informationssuche und -beschaffung. Der Wettbewerb um Zeit und Aufmerksamkeit der Ärzte ist deshalb sehr viel größer geworden. Und wir als Unternehmen konkurrieren stärker als früher mit anderen Inhalten um diese Aufmerksamkeit der Ärzte. Nach meiner Erfahrung hat sich jedoch ganz klar gezeigt: Wenn wir die Bedürfnisse der Ärzte ernstnehmen, auf sie eingehen, wertvolle und praxisrelevante Inhalte liefern, dann bekommen wir als Unternehmen auch Zeit und Aufmerksamkeit für unsere Themen. Das macht Content Marketing so effektiv.
Lysander Fuchs: Pharmaunternehmen müssen sich mit ihren Kommunikationsangeboten also an den Bedürfnissen der Ärzte orientieren?
Dr. Elisabeth Moser: Absolut. Deswegen müssen wir als Unternehmen unsere Kanäle daran anpassen. Kommunikation muss auf den verschiedensten Kanälen stattfinden. Dann kann jeder Arzt wählen, welcher Kanal am angenehmsten und welche Zeit am besten für ihn ist. Außerdem halte ich es für wichtig, eine Dialog-Möglichkeit zu bieten. Das ist in einer Ärzte-Community gegeben. Diese Möglichkeit ist bei anderen Kanälen nicht immer gegeben. Der so wertvolle Austausch in der Gruppe findet sonst nur bei Veranstaltungen oder Live-Webinaren statt.
„Der Wettbewerb um die Zeit und Aufmerksamkeit der Ärzte ist sehr viel größer geworden.“
Dr. Elisabeth Moser
GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG
Über Dr. Elisabeth Moser:
Dr. Elisabeth Moser ist Multichannel Marketing Lead Vaccines bei GSK. In ihrer Freizeit kümmert sie sich natürlich um ihre Familie, aber auch leidenschaftlich um ihren großen Garten.
Warum der Ärzte-Dialog für erfolgreiches Marketing essenziell ist
Lysander Fuchs: Was macht den Dialog mit Ärzten so wertvoll für Sie?
Dr. Elisabeth Moser: Wir sprechen in der Pharma-Welt viel von Customer Insights und die können wir auf unterschiedlichem Wege gewinnen. Die Dialog-Situation ist eine der besten Möglichkeiten dafür. Im persönlichen Gespräch verhält sich jeder anders als in einem anonymen Umfeld. Und hier liegt der Vorteil von Ärzte-Communities: Customer Insights gewinnt man dort ganz automatisch auf sehr natürliche Art und Weise.
Lysander Fuchs: Eines Ihrer coliquio-Projekte begleitet den Launch eines neuen Präparats. Was waren die projektspezifischen Bedürfnisse?
Dr. Elisabeth Moser: Zu einem dient ein Infocenter natürlich als „Reach-Tool“: Bei einem Launch möchte ich möglichst rasch meine Zielgruppe erreichen. Ich muss mir also die Frage stellen, wie ich möglichst schnell viele potentielle Verordner erreiche. Bis ein Außendienst jeweils seine ganze Runde gedreht hat, das dauert. Deswegen nutzten wir alle möglichen schnellen Kanäle. Sei es ein E-Mail-Newsletter oder auch die Arzt-Community. Es geht also darum, schnell und breit zu kommunizieren.
Außerdem geht es auch darum, relevante Insights zu erhalten. In der Community ist dabei von großem Vorteil, dass wir recht schnell sehen können, ob das Thema auf Interesse stößt, welche Botschaften akzeptiert werden und wo Vorbehalte sind.
Da ist es ganz klar, dass im Kommunikationsmix eine Infocenter-Kampagne nicht fehlen darf.
Lysander Fuchs: Welche Möglichkeiten bei der Launch-Begleitung sind Ihnen bei coliquio besonders wichtig?
Dr. Elisabeth Moser: Wir können mit den Ärzten interagieren und schneller reagieren. Das heißt, wir erkennen schnell, wo mögliche Wissenslücken sind und können dann ganz spezifisch auf diese eingehen. In der Community haben wir außerdem die Möglichkeit, Inhalte rasch zu adaptieren. Im Prinzip von einer Woche zur anderen. Diese rasche Adaptation haben wir in anderen Kanälen aufgrund einer deutlich längeren Planungsphase nicht.
Durch Kommentare und Dialog mit den Ärzten konnten wir so beispielsweise sehen, dass bestimmte Fragestellungen immer wieder auftauchen. Das hat uns gezeigt, welche Botschaften wir noch klarer formulieren müssen oder welchen wir noch mehr Raum geben müssen.
Das kontinuierliche Wissensmonitoring von coliquio ist auch ein gutes Tool, das uns dabei unterstützt zu sehen, ob unsere Schwerpunkte bereits gelernt wurden oder nicht. Wenn nicht, dann können wir darauf reagieren und den jeweiligen Themen mehr Raum geben oder vielleicht eine andere Art der Aufbereitung wählen. Es zeigt uns ganz klar, woran wir arbeiten können.
Wie GSK kritische Stimmen zu eigenen Gunsten nutzt
Lysander Fuchs: In jedem Projekt gibt es Kritiker oder Kritikpunkte. Wie begegnen Sie diesen?
Dr. Elisabeth Moser: Sehr gelassen. Zum einen halte ich es für einen großen Vorteil, dass sich Kritiker an Orten äußern, zu denen ich Zugang habe und wo ich die inhaltlichen Einwände sehen kann. Denn genau das liefert wertvolle Customer Insights, über die wir schon gesprochen haben.
Außerdem zeigt die Erfahrung, dass sich die Mitglieder der Ärzte-Community zwar durchaus kontrovers austauschen, aber eben diese unterschiedlichen Meinungen fast immer untereinander klären, sodass GSK extrem selten eingreifen muss. Es ist Gold wert, wenn ein Arzt selbst von seiner positiven Erfahrung berichtet und so für ein Produkt Stellung bezieht.
„Es ist natürlich Gold wert, wenn ein Arzt selbst von seiner positiven Erfahrung berichtet und für das Präparat Stellung bezieht und nicht wir als pharmazeutisches Unternehmen und Anbieter. “
Dr. Elisabeth Moser
GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG
Wie der Erfolg eines Launch-Projekts laufend gemessen wird
Lysander Fuchs: In einem Launch-Projekt sind die ersten Monate entscheidend für den Erfolg. Doch wie können Sie den Erfolg gerade in den ersten Monaten messen?
Dr. Elisabeth Moser: Am Ende ist der Umsatz ganz klar die harte Währung. Dem Umsatz muss jedoch eine Verhaltensänderung vorausgehen und davor muss eine Wissensänderung beim Verordner erfolgen. Deswegen ist es wichtig, den Wissensstand der Ärzte zu unserem Präparat und zur Indikation zu kennen. Diesen ermitteln wir als Feedback über jeden der Kanäle, der die Möglichkeit dazu bietet. Mit Marktforschungen können wir größere Sprünge erkennen, das oben bereits erwähnte kontinuierliche Wissensmonitoring von coliquio jedoch ist ein Schritt, um laufend zu sehen, welchen Wissensstand die Ärzte in Bezug auf Präparat und Indikation haben. So erkennen wir, welche Aspekte wir vielleicht noch besonders beleuchten sollten.
Wie gestalten andere Pharmaunternehmen ihre Arztkommunikation?
Wie begegnen diese den aktuellen Herausforderungen? Um genau diesen Wissensaustausch zu fördern, befragen wir in unserer Reihe „Best Practice Talk“ regelmäßig Pharma-Marketers zu ihren Erfahrungen.
Warum die meisten Kanäle doch zukunftsrelevant sind
Lysander Fuchs: Wenn Sie den Blick nach vorne richten: Wie wird sich die Kommunikation zwischen Pharmaunternehmen und Ärzten in den nächsten 5 Jahren verändern?
Dr. Elisabeth Moser: Ich glaube, dass es keine grundlegende Veränderung geben wird. Unkenrufe gab es schon vor 10 Jahren: „Es wird alles digital und man braucht kein persönliches Gespräch mehr.“ Das sehe ich gar nicht. Das persönliche Zusammensein ist nicht zu ersetzen.
Ich glaube vielmehr, dass sich die Zukunft dahingehend verändern wird, dass Pharmaunternehmen dem Arzt alle Möglichkeiten geben müssen: Je nach Lebenssituation und Arbeitsumfeld legt jeder andere Kommunikationsschwerpunkte. Und diese verändern sich. Es wird Phasen bei ein und demselben Arzt geben, in denen er mehr digitale und dann wieder mehr die persönliche Kommunikation nutzen wird. Was jedoch noch nicht ausgeschöpft ist, sind die Möglichkeiten der reinen Audiokommunikation. Momentan ist diese eher noch in der Unterhaltungsnische angesiedelt. Aber ich bin fest überzeugt, dass Sprache künftig deutlich mehr zur Informationssuche genutzt wird. Spracherkennung wird so zuverlässig sein, dass nicht mehr getippt, sondern gesprochen wird. Dann erwarte ich auch, dass die Antworten auf meine Fragen nicht einfach nur vorgelesene Texte sind, sondern Antworten, die an das Hörverständnis angepasst sind. Ich glaube, Audio wird im wissenschaftlich-medizinischen Bereich mehr Raum einnehmen.
Lysander Fuchs: Frau Dr. Moser, vielen Dank für den interessanten Austausch!
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