Die Digitale Transformation ist in vollem Gange. Während der Transformationsprozess in manchen Branchen und Unternehmen bereits weit fortgeschritten ist, stehen viele Pharmaunternehmen und das Gesundheitssystem insgesamt noch relativ am Anfang. Pharmaunternehmen können eine Schlüsselrolle in der Digitalen Transformation der Gesundheitsversorgung einnehmen, wenn sie

jetzt eine ganzheitliche Strategie definieren und die richtigen Maßnahmen ergreifen. Dieser Artikel zeigt 5 konkrete Ansatzpunkte für Pharmaunternehmen auf.

1. Sorgen Sie für effiziente und agile Geschäftsprozesse

Hoch entwickelte Analyseverfahren, fortschrittliche Sensorik und die Automatisierung komplexer Vorgänge machen Geschäftsprozesse über alle Branchen hinweg effizienter, schneller und anpassungsfähiger.

Auch die Pharmaindustrie muss ihre Geschäftsprozesse so transformieren, dass sie die veränderten Erwartungen der Kunden, Arbeitnehmer, Patienten und Zulieferer künftig agil und effizient erfüllen kann.

Konkrete Ansätze für die verschiedenen Geschäftsbereiche, beispielsweise in der klinischen Forschung oder in Marketing und Vertrieb, werden wir in den nächsten Wochen hier auf coliquio Insights vorstellen.

2. Stellen Sie sich auf neue Player im Gesundheitsmarkt ein

Technologie-Riesen wie Apple, Google oder IBM, aber auch zahlreiche Start-ups drängen auf den Gesundheitsmarkt und haben dabei einen entscheidenden Vorteil: Sie nutzen bereits digitale Prozesse und Ressourcen, die Pharmaunternehmen bislang nicht implementiert haben. So verschaffen sie sich einen Wissensvorsprung und finden völlig neue Ansätze für Diagnose, Therapie und Gesundheitsversorgung.

Beispielsweise generiert die direkte Interaktion mit Patienten über Apps, Wearables und Online-Communities riesige Datenmengen. In Kombination mit weiteren Informationsquellen ergeben sich wertvolle Erkenntnisse.

Ein anschauliches Beispiel ist der Megacomputer ‚Watson Health‘ von IBM, der Ärzte bei Entscheidungen unterstützen kann:

How It Works: IBM Watson Health

Pharmaunternehmen werden bald entscheiden müssen, ob sie mit den neuen Playern im Gesundheitsmarkt kooperieren oder konkurrieren möchten – oder ob die entsprechenden Fähigkeiten unternehmensintern aufgebaut werden sollen.

3. ‚Patient Empowerment‘: Investieren Sie in die Interaktion mit Patienten

Patienten sind heute wesentlich weniger auf den Rat und die Informationen von Ärzten angewiesen als noch vor 20 Jahren: Infos zu allen erdenklichen Gesundheitsthemen sind online jederzeit verfügbar. Dr. Google ist für viele Patienten schon heute die erste Anlaufstelle, wenn Informationsbedarf zu Diagnosen und Therapieoptionen besteht.

Auch die zunehmende Verbreitung von Wearables und Gesundheits-Apps stärken das Selbstvertrauen der Patienten: 88% der Patienten vertrauen ihren eigenen Fähigkeiten, die Verantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen, 64% trauen sich sogar zu, mehr gesundheitsbezogene Entscheidungen selbst zu treffen als bisher. Das ergab eine Studie, die Ipsos im April 2015 in Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen National Council on Patient Information and Education (NCPIE) und Pfizer durchgeführt hat. Die wichtigsten Ergebnisse fasst diese Infografik zusammen:

Patienten werden eine aktivere Rolle im Gesundheitssystem einnehmen und Präparate und Angebote von Pharmaunternehmen häufiger selbst bewerten. Deshalb wird die Fähigkeit, digital mit Patienten zu interagieren für Pharmaunternehmen weiter an Bedeutung gewinnen. Das gilt nicht nur für OTC-Präparate, sondern auch im RX-Bereich.

4. Reagieren Sie zeitnah auf neue Evidenzquellen, um der wichtigste Ansprechpartner für Ihr Präparat zu bleiben

Bislang lag die Kontrolle über die Erhebung und Veröffentlichung von Medikamenten-Informationen weitgehend beim Hersteller. Digitale Technologien haben diese Informationshoheit durch neue und unabhängige Informationskanäle geschwächt:

So teilen Patienten ihre Erfahrungen mit Präparaten in Online-Communities. Apps und Wearables geben Aufschluss über den Einfluss von Therapien auf den Alltag von Patienten. Die intelligente Kombination verschiedener Datensets generiert zudem neue Informationen über die Wirksamkeit und Sicherheit von Präparaten.

Beispielsweise tauschen sich auf meamedica.de Patienten zu ihren Erfahrungen mit Medikamenten aus:

Für Pharmaunternehmen zählt deshalb künftig die Fähigkeit, rasch auf neue Evidenzquellen zu reagieren oder sie sogar zu antizipieren. Nur so können sie der wichtigste Ansprechpartner bleiben, wenn es um die eigenen Präparate geht.

5. Rüsten Sie sich mit ‚Value beyond the Pill‘ für die ergebnisorientierte Vergütung

Kostenminimierung bei gleichzeitiger Verbesserung der Behandlungserfolge werden für Politik und Krankenkassen weiterhin die erklärten Ziele sein. Pharmaunternehmen werden künftig wohl noch stärker in die Pflicht genommen, den Nutzen ihrer Präparate zu beweisen, um den Marktzugang und die freie Preisgestaltung sicherzustellen.

Dabei gewinnen digitale ‚Beyond the Pill‘-Ansätze weiter an Bedeutung. Beispielsweise könnten Präparate durch Sensorik ergänzt werden, die den Gesundheitszustand der Patienten zwischen den Arztbesuchen überwacht. So könnten nicht nur die Adhärenz der Patienten gesteigert und der Behandlungserfolg verbessert werden – auch Pharmaunternehmen könnten mit den so generierten Daten den Zusatznutzen ihres Präparates besser belegen. Diese Option ist gerade für teure Therapien im Specialty-Care-Bereich interessant. In einem Interview mit dem Wall Street Journal sagte Novartis-CEO Joseph Jimenez: „I really believe that in the future, companies like Novartis are going to be paid on patient outcomes as opposed to selling the pill.”

Auf dem Markt gibt es bereits unzählige medizinische Sensoren, die für ‚Value beyond the Pill‘-Ansätze in Frage kommen. In den USA gibt es mit BlueStar bereits eine verschreibungspflichtige App für Patienten mit Diabetes Typ 2 – ähnliche Ansätze sind in naher Zukunft auch in Deutschland denkbar. Für Pharmaunternehmen können solche Modelle für die personalisierte Medizin eine echte Wachstumschance werden.

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