4 Fragen, 4 Antworten
Darüber haben wir mit Dr. Werner Föller gesprochen, Vice President & General Manager bei Shire. Durch den Zusammenschluss mit der Firma Baxalta wird Shire zum weltweit führenden Biotechnologieunternehmen für seltene Erkrankungen und anderen speziellen Erkrankungen.
Wie sind die Spielregeln für erfolgreiches Pharma-Marketing der Zukunft?
Auf dem coliquio Summit am 17. November 2016 in Berlin spricht Föller über die Bedeutung von Big Data für die Pharmabranche. Vorab hat er für uns die Trends der nächsten fünf Jahre ausgelotet.
1. Wie wird sich das Pharma-Marketing in den nächsten 5 Jahren entwickeln?
Ich denke wir müssen uns langfristig vom klassischen Produktmarketing verabschieden – das ist schon heute nicht mehr zielführend und wird es immer weniger. Ich sehe den klaren Trend, dass Pharmaunternehmen verstärkt ganzheitliche Konzepte für Arzt und Patient anbieten. Das können zum Beispiel sogenannte Patientensupportprogramme sein mit einer Vielzahl an therapieunterstützenden bzw. therapiebegleitenden Maßnahmen.
Im Bereich der seltenen Erkrankungen, in dem ich seit über 30 Jahren tätig bin, wird der Patient noch stärker in den Fokus rücken. Das betrifft nicht nur das Feld der individualisierten Medizin, sondern auch die Ansprache der behandelnden Ärzte und deren Patienten. Die Kommunikation ist nur erfolgreich, wenn Marketing, Vertrieb und medizinische Abteilung enger zusammenarbeiten, Konzepte gemeinsam entwickeln und über die richtigen Kanäle implementieren.
2. Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf die Arztkommunikation? Was wird sich hier verändern?
Generell wird man stärker auf die Bedürfnisse des Arztes eingehen, der sich täglich einer regelrechten Informationsflut gegenübersieht. Wir müssen weg vom „Push“-Ansatz und dürfen unsere Kunden nicht mit Produktinformationen überhäufen, die sie eventuell gar nicht benötigen bzw. nicht angefragt haben. Ein „Pull“-Ansatz ist viel erfolgversprechender, denn der Arzt entscheidet letztlich, wo und wann er Informationen abruft. In Zukunft müssen Pharmaunternehmen auf allen Kanälen präsent sein und insbesondere Online-Maßnahmen verstärken, um die Zielgruppe zu erreichen.
3. Wie wird sich die Arbeit des Pharma-Außendienstes durch Digitalisierung und vernetztes Arbeiten verändern?
Ich bin der Meinung, dass der klassische Außendienstbesuch beim Arzt auch in Zukunft wichtig bleibt, denn nur so können persönliche Beziehungen aufgebaut werden. Spontanbesuche führen heute aber nicht mehr zum Erfolg. Stattdessen müssen wir Face-to-Face Kontakte gezielter einsetzen und stärker durch die digitale Interaktion mit dem Kunden ergänzen.
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Gespräche können genauso gut per Skype stattfinden – so lässt sich der Austausch besser in den Alltag des Arztes integrieren als ein fester Vororttermin. Letztlich sollte der Arzt die Möglichkeit haben zu entscheiden, auf welchem Wege er bevorzugt mit uns kommuniziert.
Dadurch haben auch wir weniger Zeitverlust auf der Straße und können Beziehungen stattdessen auf digitalen Wegen pflegen und neue Möglichkeiten finden, Zielgruppen zu erschließen, wie beispielsweise auf Veranstaltungen.
Damit ändern sich auch die Anforderungen an den Außendienst – den typischen Produktspezialisten in Unternehmen wird es so nicht mehr geben. Stattdessen fungiert ein Kommunikationsmanager als “CEO des eigenen Gebiets”, der digitale Medien nutzt, um sich weiterzubilden und mit seinen Kunden zu kommunizieren.
4. Stichwort „Big Data“: welche Bedeutung hat die Datenanalyse aus Ihrer Sicht in Zukunft für die Pharmabranche?
Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem die Datenlage für die Pharmaindustrie immer schwieriger zu deuten ist. Beispielsweise sind klassische IMS Zahlen – wie wir sie jahrelang genutzt haben – nur begrenzt aussagefähig, da nicht alle Vertriebswege erfasst werden. Besonders in Spezialmärkten wie Onkologie und Rare Diseases werden häufig Hochrechnungen bemüht, die je nach Panel leider nicht die Realität reflektieren. Hier gibt es noch Verbesserungspotential.
Nützlich könnten aus meiner Sicht auch die Daten der Krankenkassen sein und hier wäre eine fruchtbare Zusammenarbeit sicher denkbar. Die Analyse von realen Versorgungsdaten kann in Zukunft zu einer veränderten, besseren Behandlung der Patienten führen. Darüber werden wir aber auf dem coliquio Summit ausführlich diskutieren.
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