Ärztediskussion, 304 Leser, 12 Kommentare

Beitrag des fragestellenden Allgemeinmediziner:

„Liebe Kollegen, eine Patientin und ihre 2 Töchter, 6- und 8-jährig reisen nach Nigeria im Dezember. Laut Angaben der Behörden sollten sie außer den „obligatorischen“ Di-Te-Pol noch die Gelbfieber, Meningokkoken plus, die orale Therapie gegen Malaria und Typhus bekommen. Haben Sie Erfahrung mit den Sequenzen der Impfungen, da diese sowieso nicht zusammen gemacht werden sollen? Ist es doch nicht alles zu viel, vor allem für die 2 Mädchen? Danke für Ihre Hinweise!“

 

Die Gelbfieber-Impfung muss ja sowieso von einer zertifizierten Impfstelle erfolgen – die kann sicherlich auch einen Impfplan erstellen. Ich finde es interessant, dass Sie ausgerechnet nach der Impfbelastung der beiden Mädchen fragen, nicht aber nach der Belastung durch die Reise an sich?

Allgemeinmediziner


Das ist ja sicher eine Belastung, aber ihr Vater kommt von dort und will seine Familie dort haben für eine Weile… Ich kann nichts sagen, wenn sie schon alles organisiert haben und das Land Ihres Vaters sehen wollen.

Allgemeinmediziner


Vorausgesetzt, dass die Kinder den altersgemäßen Impfschutz, der in Deutschland üblich ist, ordnungsgemäß erhalten haben, wäre dann (trotzdem nach Überprüfung des Impfausweises) wahrscheinlich fällig:

– Gelbfieber durch Amtsarzt/ Gesundheitsamt (wahrscheinlich finanziell günstig; Tropeninstitut gut für Beratung und Impfung möglich, aber entsprechende Privatrechnung)
– Cholera = Schluckimpfung
– Meningitis = 4-fach-Konjugatimpfstoff
– Malaria: Kleinkinder bekommen zur Prophylaxe Chloroquin (und evtl. Proguanil), ab 5 kg Körpergewicht kann auch Mefloquin und ab 11 kg Körpergewicht Atoquavon/Proguanil (Malarone®) gegeben werden. Die Medikamentendosis muss sich streng am Körpergewicht orientieren. Doxycyclin ist für Kinder unter dem 8. Lebensjahr kontraindiziert.
Was man bedenken sollte ist, dass die Kinder nicht die körpereigenen Abwehrmechanismen zur Verfügung haben, wie die Einheimischen….

Wann starten? Je früher um so besser – jetzt noch eine gute „Startposition“ für Dezemberabreise. Guter Start wäre Anfang Oktober, möglich ist auch noch Anfang November. Die Gelbfieberimpfung sollte man am besten gleich (!) hinter sich bringen. Kinder ab 6 Monaten können gegen Gelbfieber geimpft werden, Kinder unter einem Jahr erhalten dabei nur die halbe Impfdosis.

Wer darf nicht geimpft werden?
Wegen der Züchtung der Impfviren in Hühnereiern kann eine geringe Menge Hühnereiweiß im Impfstoff enthalten sein. Wer dagegen allergisch ist, also auch Hühnereier nicht essen darf, sollte nicht geimpft werden. Auch wer in den letzten vier Wochen (!) eine andere Lebendimpfung erhalten hat, etwa gegen Mumps, Masern und Röteln, kann nicht geimpft werden (daher Gelbfieber „sofort“).

Allgemeinmediziner


Zustimmung.
In manchen Bundesländern darf die Gelbfieberimpfung auch durch als Gelbfieberimpfstelle zugelassene niedergelassene Ärzte durchgeführt werden.
In Hochrisikogebieten für Malaria, zu denen Nigeria gehört, empfehle ich eigentlich nur noch Malarone. Doxycyclin ist in Deutschland zur Malariaprophylaxe nicht zugelassen.
Die Cholera-Schluckimpfung halte ich auch für sinnvoll, zumal sie auch einen gewissen Schutz vor der Reisediarrhoe bieten soll.

Allgemeinmediziner


Die Krankheiten sind bekanntermaßen gefährlicher als die Impfungen, und die medizinische Versorgung in Nigeria ist rudimentär. Die Tropeninstitute sind eine gute Adresse, ansonsten niedergelassene Tropen- oder Reisemediziner. Es ist auch das CRM-Handbuch äußerst hilfreich, ebenso „fit for travel“. Die Impfabstände stehen in den Beipackzetteln (allgemein mindestens 3-4 Wochen), manche Sachen kann man aber durchaus gemeinsam impfen (steht ebenfalls im Beipackzettel). Gelbfieber impfen dürfen nur zugelassene Reisemediziner „Gelbfieberimpfstelle“.  Extrem wichtig ist eine Krankenhauskosten- und Rückholversicherung für die ganze Familie.
Fahren wird eine nigerianische Familie ohnehin, egal was wir beraten – die fahren ja heim und sind dort aufgewachsen – also keine falsche Scheu vor Impfungen und Malariaprophylaxe. Wichtig: Hygieneberatung, Brechdurchfallberatung und -medikation, Sonnenschutz und Ernährungsberatung nicht vergessen.

Kinder- und Jugendmediziner

 

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