Fallzusammenfassung der Ärztediskussion, Teilnehmer aus dem Fachgebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Aus dem Original-Beitrag des fragestellenden Frauenarztes vom 11. Mai 2014:
„Aus forensischer Sicht betrachtet, wie lange darf man einer Patientin, unter Berücksichtigung der Altersabschnitte (wie z. B. 12.- 19. L. J. und ab dem 20. L.J.) die Pille verschreiben, ohne sie zu untersuchen, wenn sie diese aus unterschiedlichen Gründen verweigert?“
Der Frauenarzt führt weiter aus, dass viele Patientinnen am Untersuchungstag sagen, sie hätten ihre Periode, seien Virgo oder wünschen keine vaginale Untersuchung. Er gibt an, dass er Virgo-Patientinnen grundsätzlich nicht vaginal untersucht. Er fragt seine Kollegen zudem, wie lange man sich mit einer äußerlichen Untersuchung mit oder ohne abdominalen Ultraschall begnügen soll, da er nichts „übersehen“ will.
Ein Kollege rät dazu, jugendliche Virgo-Patientinnen nicht ohne einen Grund mit einem Spekulum zu untersuchen, da die Untersuchung mit Angst und Scham behaftet sei und um auf diese Weise nicht zusätzlich künstliche Ängste vor einem Frauenarztbesuch zu schaffen. Er habe in seiner Praxis schon häufig die Erfahrung gemacht, dass junge Patientinnen nach solchen Erfahrungen dann nur schwer von notwendigen Untersuchungen zu überzeugen sind. Als Frauenarzt habe man die Verantwortung für die psychische und sexuelle Gesundheit der Patientinnen. Er sagt, dass er kein beschwerdefreies, gesundes Mädchen auf den Untersuchungsstuhl zwingt, mit ihr aber viel redet und klar macht, wozu die Untersuchung notwendig ist. Eine Abdominalsonografie sei ausreichend, bis das Mädchen für die Untersuchung bereit sei.
Für seine Ausführungen bekommt er Zuspruch von anderen Diskussionsteilnehmern – Einfühlvermögen und die Vermeidung von Zwang bei der Untersuchung seien besonders wichtig. Zu beachten sei jedoch, dass bei der Verweigerung einer Untersuchung eine ausführliche Dokumentation unerlässlich ist.
In Bezug zur Problematik mit der Pillenverschreibung merkt ein Kollege an, dass Ärzte ab dem Moment, in dem sie eine Unterschrift unter eine Medikamentenverschreibung setzen, in der Verantwortung stehen und diese gilt es im Sinne einer dokumentierten Aufklärung wahrzunehmen. Seiner Meinung nach ist die Gretchen-Frage, ab wann man ein Rezept verweigernd darf. Er hält zudem bei jungen Patientinnen nach Aufnahme einer sexuellen Beziehung und bei unauffälligen Befunden eine jährliche Kontrolle für sinnvoll. Wichtig sei eine ausführliche Kontrazeptionsaufklärung bei der Erstuntersuchung.
Das Fazit des Fragestellers fällt am Ende der Diskussion wie folgt aus:
„1) Man sollte eine jugendliche Virgo ohne jeglichen Grund möglichst nicht mit Spekula untersuchen.
2) Bei den Pillenanwenderinnen sollte man prinzipiell ein Thromboserisiko ausschließen.
3) Wenn eine Nicht-Virgo-Patientin sich bei der 2. oder 3. Begegnung aus irgendwelchem Grund weiterhin keine Untersuchung wünscht, bekommt die Pat. wieder das Rezept und einen Untersuchungstermin. Wenn die
Patientin zu diesem Untersuchungstermin ohne Angabe eines Grundes nicht erscheinen sollte, sollte man die Betreuung beenden.
4) Man sollte alles sorgfältig dokumentieren:
a) Dass die Patientin sich nicht untersuchen lassen möchte, unterschreiben lassen.
b) Dass die Patientin alle möglichen Nebenwirkungen zur Kenntnis genommen hat, unterschreiben lassen, etc.“