Beitrag des fragestellenden Allgemeinmediziners:

„45jähriger Pat: Neurodermitis schon seit der Kindheit, vermutlich genet.bedingt (Vater Afrikaner, Mutter Deutsche, Schwester hat ebenfalls schwere Neurodermitis mit u.a. cornealem Befall, diese hatte schon 2x Hornhauttransplantation).
Nahrungsmittelallergien: Steinobst, Äpfel, Birnen, Erdbeeren, Kartoffeln, Tomaten. Davon Halskratzen, Asthma oder akute Quaddelbildung, langfristig auch Verschlechterung der Neurodermitis. Daher strenge Allergenvermeidung.
Verlauf: Kindheit an der Ostsee mit leichtem Befall der Extremitätenbeugen.
Jugendzeit 10 Jahre in Afrika verbracht, ebenfalls leichter/zeitweise stärkerer Befall der Beugen, damals mit Prednisolonsalbe noch gut zurechtgekommen. Seit Rückkehr nach Deutschland (1988) massiver Befall v.a. des Gesichts, periorbital, der Kopfhaut und hinter den Ohren, am restlichen Körper nur sehr trockene Haut, weniger entzündliche Läsionen. In letzter Zeit zunehmende Verschlechterung.
Mehrmals schon großflächige Ausbreitung von Herpes simplex auf der entzündeten Gesichtshaut und periorbital gehabt. Hauptproblem: Massiver Juckreiz und übermäßige Proliferation/ die Haut schält sich permanent in viel zu schnellem Tempo.
Probleme der Therapie: alle gängigen Externa (ob Steroide, Urea, Nachtkerze) wirken nur sehr kurzfristig, es kommt dann immer wieder zu einer verstärkten entzündlichen Reaktion/zu einer Reizung der Haut, außerdem lassen sie sich auf der Kopfhaut nur schwierig oder nach Vollrasur auftragen. Die cortisonhaltigen Externa führen zudem zu einer spürbaren Ausdünnung der Haut, im Gesicht besonders unangenehm. Ohne Eincremen platzt die Haut sofort auf und der Juckreiz wird unerträglich.
Derzeit hilft am besten orales Cortison (Prednisolon 5mg tgl). Das möchte Pat. aber nicht lebenslang weiternehmen.
Gibt es noch andere Therapieformen? Die die übermäßige Proliferation der oberen Hautschichten im Gesicht/Kopfhaut stoppen können?“

Schuppenpflechte-Psoriasis am Haaransatz und auf der kopfhaut

„Wurde schon einmal Protopic versucht? Damit habe ich vereinzelt ganz gute Ergebnisse gesehen. Sehr gute Erfahrungen habe ich gemacht, wenn der Patient ein Entspannungsverfahren (autogenes Training, progressive Muskelentspannung nach Jacobson) erlernt. Ansonsten ist in so einem Fall unterstützend eine klassisch homöopathische Behandlung oft hilfreich. Akut (verbaut dann aber die klassisch homöopathische Behandlung) habe ich bei entzündlichen Hauterkrankungen jeglicher Art sehr gute Erfahrungen mit Traumeel Creme gemacht. Rein symptomatisch wirken gut juckreizlindernd Umschläge mit einem abgekühlten Tee aus wildem Stiefmütterchenkraut (Viola tricolor herba). Das wirkt einfach oberflächenanästhetisch.
P.S.: Hametum-Creme (Hamamelis virginiana) wirkt antientzündlich und ist auch einen Versuch wert.“

Allgemeinmediziner

„Wenn eine Neurodermitis erstmal chronifiziert ist, dann ist sie häufig schwierig oder auch gar nicht mehr wegzubekommen. So scheint es auch in ihrem Fall. Meist haben solche Pat. dann eigene ganz eigene Vorstellung ihrer Krankheit und insbesondere der Behandlung.
Anamnestische Angaben sind dann nicht immer glaubhaft.
Kortisoncreme im Gesicht und an den Augen immer nur kurzfristig, ggf. aber Anwendung im Intervall, wenn der Befund sonst sofort wieder exazerbiert, 1-2 x pro Woche. Am Auge muss der Pat durch ausprobieren die für ihn am besten geeignete Creme finden, z.B. Allergika Augenlidcreme.
Trägt er eine Brille? Schmuck? Dann könnte auch eine Kontaktsensibilisierung möglich sein.
An der behaarten Kopfhaut können sie aber Steroid längerfristig anwenden, da sind meist keine NW zu befürchten. Dann in Form einer Lösung oder Milch, also z.B. Alfason crinale Lösung oder Aflason Crelo, dann muss nicht rasiert werden.
Wenn es unter 5 mg Prednisolon aber stabil ist, dann ist das auch keine schlechte Therapie. Sie können es ja ganz langsam über Monate ausschleichen“

Arzt Haut- und Geschlechtskrankheiten

„Keine Brille, kein Schmuck.
Tacrolimus könnte versucht werden, allerdings wurde schon erfolglos Elidel (=Pimecrolimus) über einige Wochen versucht, und man müsste dann auch Prednisolon erst absetzen. Würde Traumeel nochmal eine Chance geben.“

Allgemeinmediziner

„Ist denn die ganze „Therapieschiene“ bzw. der Umgang des Patienten mit seiner Erkrankung auch hinsichtlich vermeintlich trivialer Punkte überprüft worden?
1) Womit wäscht er sich? Syndets Zur Hautreinigung sind zu empfehlen, alkalische Seifen eher nicht. Bei Befall der Kopfhaut ist an den Einsatz eines Shampoos mit antimykotischem Zusatz wenigstens einmal pro Woche zu denken (Einwirkzeit von 3 – 5 Minuten beachten). Der Patient sollte immer nur kurz duschen. Akute Hautveränderungen sprechen auch gut auf Bäder z. B. mit Zusatz von Eichenrinde oder anderen Adstringetien an. Bei chronischen Herden werden z. B. Schieferölbäder (riecht aber nicht besonders gut) empfohlen. Außerdem sollten nachfettende Externa nach einem Bad auf die noch feuchte Haut aufgetragen werden. Werden zur Basistherapie Externa verwendet, frei von Duft- und Konservierungsstoffen sind?
2) Wird bei der Auswahl der Kleidung darauf geachtet, dass nichts Raues verwendet wird? Übrigens können milbendichte Matratzen- und Bettüberzüge auch bei Neurodermitis und nicht nur bei allergischem Asthma zu erstaunlichen Besserungen führen.
3) Ist bei der antiinflammatorischen Therapie (Corticoide) die Art des Externums auf den Hautbefund (fett-feucht oder Cremes bei akuten Herden, Salben für trockene Herde, Pasten für lichenifizierte Herde) abgestimmt worden? Bei Verwendung von Präparaten wie Mometsonfuroat oder Prednicarbat ist das Problem der Ausdünnung der Haut übrigens etwas geringer. Gerade bei Herden im Gesicht sind Tacrolimus- oder Pimecrolimus-Präparate eine gute Option. Einen ausgeprägten akuten Schub kann man mit vorübergehender systemischer Gabe von 0,5 – 1mg Prednisolon pro kg Körpergewicht schneller überwinden (Erwachsene!).
4) Deximune Weichkapseln sind zur Therapie schwerer Formen der Neurodermitis bei Patienten, bei denen eine konventionelle Behandlung nicht wirkt, zugelassen.
5) Bei Sekundärinfektionen kann vorübergehend eine systemische Antibiose nötig werden.
6) Die Möglichkeit einer Phototherapie sollte geprüft werden.
7) Kontakt mit Psychologen/Psychiater erfolgt, um geeignete Interventionsmöglichkeitenzu prüfen ? (Schübe durch Stress)
8) Autogenes Traing und PME nach Jacobsen wie bereits erwähnt.“

Allgemeinmediziner

„Wurde überprüft, ob der Patient keine Hausstaub- oder Vorratsmilbenallergie hat? Ggf. Encasing (Hausstaubmilbendichte Bettbezüge).
Was macht der Patient beruflich? Bei Sekundärinfektionen reicht oft auch das Beimischen eines Antiseptikums in die Pflegecreme, z.B. Chorhexidindigluconat oder Triclosan 2%.
Auch ich halte eine UVB311nm-Lichttherapie oder Ciclosporin systemisch für eine sinnvolle Therapieoption.“

Arzt Haut- und Geschlechtskrankheiten

„Also Lichttherapie sollten die meisten Hautärzte anbieten, da sie ja ärztliche Kollegin sind, es gibt auch Heimbestrahlungsgeräte. Das zahlt sogar manchmal die Krankenkasse.
Um eine geeignete Creme zu finden, sollte zunächst die ekzematisierte Haut bzw. die Lichenifikation mit Kortison etwas gebessert werden, auch im Gesicht. Dann probieren sie folgende Externa, je aber zumindest für 1-2 Wochen:
Excipial U10 Lipolotion, Exomega Balsam, Avene trixera, Imlan Creme.
Da sollte eine dabei sein, die paßt. Nicht mischen.
Für die Augenlider Allergika Augenlidcreme.
Anfänglich können diese Cremes auch 5 x tgl. aufgetragen werden, allmählich weniger Ziel ist 2-3 x tgl.
Die Haut muss sich schrittweise wieder daran gewöhnen etwas Eigenfettproduktion aufzubauen und eine Barriere herzustellen.
Im Intervall 2 x pro Woche zusätzlich Advantan Salbe.
Fürs Haar gibt es dann auch Schaum mit Kortison: Clarelux oder auch Tarmed Teershampoo.
In meiner Erfahrung wirkt Aciclovir Salbe schlechter als Placebo, dann lieber als Tbl.. Herpes simplex an der Haut traktiere ich entweder mit Linola Sept Creme (Clioquinol) oder auch mal Tannosynt Creme.
Eine spez. Immuntherapie gegen die Milben oder Pollen ist auch einen Versuch wert, das kann sich durchaus nebenbefundlich auch auf die Haut auswirken, da es einen Aggravationsfaktor ausschaltet, bzw. abmildert.“

Arzt Haut- und Geschlechtskrankheiten

„Messen Sie bitte den Vit. D Spiegel und supplementieren Sie falls erforderlich.
Zudem sollten Sie eine MIf Stuhluntersuchung machen lassen(Tropeninstitut) sowie Serologien auf Hep B/C, Amöben und Bilharziose“

Allgemeinmediziner

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