Realitäts-Check – Nutzen Ärzte Health Apps?
mHealth ist in aller Munde und Start-ups, die neue Health Apps entwickeln, sprießen wie Pilze aus dem Boden. Doch ist mHealth wirklich im Alltag der Ärzte angekommen? Im Juli 2017 haben wir dazu auf coliquio 252 Ärzte befragt. Hier stellen wir exklusiv die Umfrageergebnisse vor:
Apps sind fester Bestandteil des Arbeitsalltags
Mehr als die Hälfte aller befragten Ärzte nutzen täglich Apps im Beruf, ein Drittel sogar mehrmals täglich. Weitere 35 % nutzen sie hin und wieder; nur 12 % der Ärzte nutzen bisher keine Apps für berufliche Zwecke.
Verblüffend ist, dass die tägliche Nutzung von Apps über alle Altersgruppen hinweg nahezu gleich stark ausgeprägt ist (tägliche Nutzung: unter 39 Jahre – 57 %; 40-49 Jahre – 52 %; 50-59 Jahre – 46 % und 60-69 Jahre – 60 %).
Ärzte nutzen ihr Smartphone vielseitig im Beruf
Das Smartphone kommt im Alltag der Ärzte ganz unterschiedlich zum Einsatz. 42 % nutzen das Smartphone in erster Linie, um sich fachlich auf dem Laufenden zu halten, z. B. über die coliquio-Community oder andere Fachportale. Für 17 % ist die Unterstützung beim Praxismanagement am wichtigsten. 13 % der Ärzte nutzen ihr Smartphone, um mit Patienten zu kommunizieren – diese Möglichkeit ist für niedergelassene Ärzte wichtiger als für Kliniker.
Und 7 % der Ärzte nutzen ihr Smartphone sogar während der Behandlung – wie das konkret aussehen kann, zeigen die Antworten der weiteren 7 % der Ärzte, die die Antwortoption „Sonstiges“ wählten:
Häufig genannt wurde die Nutzung von Wechselwirkungs-Apps, die Fotodokumentation (z. B. in der Dermatologie) aber auch die Schulung von Patienten.
Ärzte hoffen auf Unterstützung im Job durch Apps
Die größte Unterstützung von medizinischen Apps sehen Ärzte darin, Wechselwirkungen schneller zu prüfen, einen effizienteren Berufsalltag zu ermöglichen, schneller und einfacher zu Diagnosen zu gelangen und das Arzt-Patienten-Verhältnis zu verbessern.
Darüber hinaus nannten die Ärzte weitere Einsatzmöglichkeiten:
- bei Behandlungen unterstützen
- Verordnungen erleichtern
- Unkompliziert die Verschreibbarkeit auf Kasse prüfen
- als Nachschlagewerk, um schneller an spezielle medizinische Informationen zu kommen
- den Stress im Berufsalltag reduzieren
Wo die Ärzte das größte Unterstützungspotential sehen, hängt auch davon ab, ob sie in einer Klinik oder in einer Praxis arbeiten.
Für Kliniker ist das schnelle Prüfen von Wechselwirkungen besonders wichtig (Kliniker 79 % vs. Niedergelassene 58 %), da Patienten im Krankenhaus häufiger mehrere Medikamente gleichzeitig erhalten. Auch das einfache Stellen von Diagnosen hat für die Kliniker ein größeres Gewicht (Kliniker 40 % vs. Niedergelassene 32 %). Das kann auch am Alter liegen, im Schnitt sind Klinikärzte etwas jünger: 22 % der teilnehmenden Kliniker und nur 4 % der niedergelassenen Ärzte sind jünger als 39 Jahre; aber 31 % der Niedergelassenen und nur 15 % der Kliniker sind über 60.
Die Verbesserung des Patientenverhältnisses ist dagegen für die niedergelassenen Ärzte ein größeres Thema (Niedergelassene 14 % vs. Kliniker 18 %).
Apps sind im Gespräch mit Patienten ein Thema
Etwas weniger als die Hälfte der Ärzte spricht schon heute mit ihren Patienten über Health Apps. Hier sind die Unterschiede zwischen niedergelassenen Ärzten (53 %) und Klinikern (32 %) ausgeprägt.
38 % sind überzeugt, dass Ärzte in Zukunft hinsichtlich Gesundheits-Apps für Patienten eine stärkere Beratungsfunktion einnehmen sollten. 51 % finden, dass Ärzte über Apps informiert sein sollten, um Patienten auf Nachfrage beraten zu können. Nur 11 % sind grundsätzlich dagegen, sich gegenüber Patienten zu Apps zu äußern.
Den größten Vorteil für Patienten in Health Apps sehen Ärzte darin, dass die Patienten Verantwortung für ihre Gesundheit übernehmen (36 %). Weitere häufig genannte Vorteile sind, dass Patienten besser über ihre Krankheit informiert sind (29 %) und ihre Medikamente regelmäßiger einnehmen (23 %).
10 % glauben nicht, dass Patienten von therapiebegleitenden Apps profitieren. Vereinzelte kritische Stimmen befürchten, dass Patienten, die Health Apps nutzen, zur Selbstdiagnose und -Therapie neigen und alles besser wissen oder womöglich ängstlicher oder hypochondrischer werden. Ein Arzt gab zu bedenken, dass Patienten durch Health Apps einerseits besser informiert sein können, aber vom App-Hersteller auch interessengeleitet geführt werden könnten.
Die meisten Ärzte befürworten Patienten-Apps von Pharma
75 % der Ärzte sind der Meinung, dass Pharmaunternehmen in Zukunft therapiebegleitende Patienten-Apps entwickeln sollten. 61 % finden das in bestimmten Fällen sinnvoll, 14 % sind sogar der Meinung, dass dies grundsätzlich zum Informations-Set gehören sollte.
Je jünger die Ärzte sind, desto selbstverständlicher finden sie den Einsatz von Patienten-Apps. Bei den 40-49-jährigen sind 80 % Befürworter, unter den 39-jährigen sind es 100 %.
Ärzte erwarten, dass Telemedizin fester Bestandteil ihres Alltags wird
72 % der Ärzte halten es für wahrscheinlich, dass Telemedizin in den nächsten fünf Jahren fester Bestandteil des Berufsalltages wird; 28 % gehen nicht davon aus.
Seit April 2017 ist die Videobehandlung in Deutschland Teil der Kassenleistung, bisher allerdings nur nach einem persönlichen Arztbesuch. In den USA schicken Patienten auch schon Fotos von Symptomen auf digitalem Wege an den Arzt, was in manchen Fällen einen persönlichen Arztbesuch ersetzt. Wir haben die Ärzte gefragt, ob diese Alternativen zum persönlichen Arztbesuch auch in Deutschland etabliert werden sollten. Eine überraschend große Mehrheit der befragten Ärzte spricht sich dafür aus. 24 % sind uneingeschränkt positiv, weitere 66 % sehen Chancen in Verbindung mit einem Arztbesuch.
Die jungen Ärzte sind hier besonders aufgeschlossen, 38 % der unter 39-Jährigen sehen unabhängig vom Arztbesuch Chancen. Je höher das Alter der Ärzte, desto größer ist auch die Ablehnung – wobei die Gruppe der Kritiker sehr klein ist, selbst unter den über 70-Jährigen gab es nur 15 % Ablehnung.
Zusammenfassung der Ergebnisse
Medizinische Apps gehören für Ärzte inzwischen ganz selbstverständlich zum Arbeitsalltag. Neben der fachlichen Information gibt es viele Einsatzbereiche, sei es zur schnellen Prüfung von Wechselwirkungen oder unterstützend in der Diagnostik.
Knapp jeder zweite Arzt spricht mit Patienten über Apps – was die Beratung von Patienten hinsichtlich Apps durch Ärzte betrifft, gibt es noch Luft nach oben. 91 % stehen diesem Thema aber aufgeschlossen gegenüber.
Drei von vier Ärzten sprechen sich dafür aus, dass Pharmaunternehmen in Zukunft therapiebegleitende Patienten-Apps entwickeln.
Telemedizinisch ist bisher nur ein kleiner Teil der deutschen Ärzteschaft tätig, wie eine Umfrage im März 2017 ergab. Seit April ist Telemedizin in bestimmten Fällen Teil der Kassenleistung. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass 72 % der Ärzte davon ausgehen, dass Telemedizin in den nächsten 5 Jahren fester Bestandteil des Berufsalltages wird.
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