Ärztediskussion, 670 Leser, 23 Kommentare

Beitrag des fragestellenden Arztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde:

„2,5 Jahre altes Mädchen mit persistierend eitriger Otorrhö rechts seit 4/12, dann links seit 1/13, vorher unauffälliger Ohrbefund. Z.n. Adenotomie und Paukendrainager rechts, Paracentese links 11/12, in der Folge persistierende Otorrhö rechts trotz Panotile Cipro lokal, Infectocef, Infectocillin oral, kurz nach Absetzen der Antibiose immer wieder eitrige Otorrhö, Otalgie und Fieber. Im Abstrich Staphylokken, Streptokokken, normal sensibel, aufgrund persistierend eitriger Otorrhö rechts Mastoidektomie rechts und T-Tube-Einlage 2/13, darunter kurzzeitig Besserung, dann links Beginn der eitrigen Otorrhö, bei sofort immer wieder schmerzhaft einsetzender Otorrhö nach Beendigung der oralen Antibiose (meist Cefalosporin, dann Erythromycin als low dose Dauertherapie) links Mastoidektomie 4/13, T-Tube beidseitig erneuert. Dann 2 Monate low dose AB Amoxi und Clavulansäure, darunter keine Beschwerden, 2 Tage nach Absetzen erneut eitrige Otorrhö beidseitig und Fieber. Jetzt wieder Dauertherapie mit Erythromycin.
Intraoperativ rechts eitrig granulierende Entzündung, intraoperativ links nur wenig Schleimhautschwellung, komplette Mastoidektomie mit ausreichend großer Antrotomie
Immunstatus: 3/13: BSG 30/50, keine Leukozytose, ANCA neg, CRP 1,5mg/dl, Immunglobuline normal, a1globulin in Elektrophorese erhöht 5,8%, Gammaglob. erniedrigt 10,8%, Befund geht manchmal mit Bronchitis einher, meist aber Beschwerden im Ohrbereich.
Erbitte Tipps zu weiterer möglicher Diagnostik oder Therapie.“

 

Derartige chronische Gehöreiterungen können die geistige Entwicklung beeinflussen, da sie die akustische Wahrnehmung relevant in wichtigen Prägungsphasen beeinträchtigen. Das Hirn lernt in den ca. ersten 2 Jahren noch durch Nervenzellvermehrung und  synaptische Verknüpfungen, anschließend nur noch durch Synapsenbildung.
Genau in dieser empfindlichen Zeit geht es nicht nur um HNO-Fragen, sondern auch um mentale Chancen.
Hier sollte eine entsprechende Förderung eingeschaltet werden.

Arzt für Innere Medizin


Schon mal auf TBC getestet?
Insbesonders wenn das Kind Migrationshintergrund hat oder familiäre Anamnese besteht.
Wenn möglich, sollte nicht nur Abstrich sondern auch Gewebe zur mikrobiologischen Untersuchung und PCR geschickt werden.
Bei Z.n. Mastoidektomie würde ich nicht erwarten dass ein Cholesteatom übersehen wurde. Andere seltene Ursache könnte die Langerhans-Zellhistiozytose (eosinophiles Granulom) sein.

Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde


Die Testung mit Tbc-PCR im Sekret, sowie Kultur und Abstrich auf Tbc, d.h. nicht nur Routine-Bakteriologie wird häufig verpasst; außerdem könnten eine Anamnese bezüglich BCG-Impfung und ein Mantoux-Test simpel in der Durchführung sein. Bin gespannt!

Allgemeinmediziner


Cave T-Tube, verursacht Paukenhöhle Granulationen und Superinfektionen, bei eitrigem Sekret sowieso überflüssig: heraus und lokal Tropfen mit Penicillin und Hydrocortison intensiv in die Ohren und mit Sulfacetamid in der Nase (Sekret? NR -Narben peri-/tubar?). Otriven, Olynth oder ähnliche Spray-en nicht verabreichen. Mastoidektomie war wahrscheinlich, m.M.n. nicht indiziert. BSG ist sehr hoch, unakzeptabel: Rheuma-fieber? Gelenke? Evtl. TE. Pflege Problemen? Kindergarten vermeiden, Haare vorläufig nicht waschen, kaum Eis essen, kalte Getränke nicht trinken.

Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde


Die Latte der mitgeteilten Differentialdiagnosen ist lang, eine beidseitige Histiozytose unwahrscheinlich, es fehlt eine nicht ganz so seltene Ursache, vor allem bei begleitender pulmonaler Problematik, die Zilienfunktionsstörung, muss nicht gleich ein Kartagener sein.

Kinder- und Jugendmediziner


Es handelt sich wahrscheinlich um ein „variables Immundefektsyndrom“, möglicherweise vom „Schweizer Typ“ mit Hypogammaglobulinämie. Beginn der Symtome im 2., 3. Lebensjahr würde passen. Versuch mit mehrmaliger ivig (IV-Immunglobulin Gabe). Wenn’s hilft kann die diagnose als gesichert gelten, dann kann man sich die humangenetische Untersuchung fast sparen! Bitte näheres dazu unter o.g. Schlagwort nachlesen!
Alles Gute für Ihre kleine Patientin.

Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde


Kann es sein, dass die Mastoidektomien nur „oberflächlich“ durchgeführt wurden? Ich empfehle eine Nach-OP der Mastoide mit nochmaligem Schleifen aller Zellen, ich habe die Erfahrung, dass gerade bei Kindern es häufiger nicht mit einer einzigen Mastoidektomie je Seite getan ist.

Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde


Sarkoidose? Röntgen Thorax, danach ev. bronchoskopische Sicherung der Diagnose.

Kinder- und Jugendmediziner


Ich empfehle den Vit. D Wert (25-OHVit D3) bestimmen zu lassen, milcheiweißfreie Ernährung, Stuhluntersuchung, Dysbiosetherapie. Lokal werden Sie nicht weiter kommen, da ist höchstens eine Pflege der Ohren möglich. Als Ohrentropfen Notakehl D5 von Sanum Kehlbeck.
Wenn Sie alles ausgeschöpft haben, was schulmedizinisch möglich ist, sollten auch mal andere Wege gegangen werden. Es geht hier um ein Menschenleben, das sich erst noch entwickeln will. Und wenn man bedenkt, dass dieses Alter die wichtigste Zeit für die Entwicklung eines Menschen ist, muss man den Mut haben auch andere Therapiemöglichkeiten einzusetzen, selbst wenn diese nicht das „universitäre Wissen“ widerspiegeln.

Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde


Ohrpassstücke anfertigen lassen und die Ohren bei jeglichen Wasserkontakt verschließen!

Allgemeinmediziner

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