Ärztediskussion

Beitrag des fragestellenden Anästhesisten:

„Ich bin angestellter Facharzt für Anästhesie und habe seit 3 Jahren zusätzlich bei einem niedergelassenen Zahnarzt Sedierungen für zahnärztliche Eingriffe auf Honorarbasis durchgeführt (Extraktionen, Implantate…). Für die meistens 60 – 90 Minuten dauernden Eingriffe verwendete ich Nalbuphin (Gesamtdosis 10 – 40 mg) und Midazolam (Gesamtdosis 2 – 5 mg), hatte damit sowohl immer gute Op-Bedingungen für den Operateur als auch durchgehend stabile Vitalparameter bei guter Kooperationsfähigkeit der Patienten.
Vor kurzem erklärte mir der Zahnarzt, dass es in letzter Zeit „nur noch Probleme“ gegeben habe, da viele Patienten nachher Übelkeit und Erbrechen entwickelt hätten, einer hätte kurz nach dem Eingriff sogar noch in der Praxis auf den Boden erbrochen. Unsere Zusammenarbeit sei hiermit beendet.
Mir ist allerdings bis dahin noch nie etwas über derartige Nebenwirkungen berichtet worden, es gab keinerlei Beanstandungen, weder von Patienten noch vom Zahnarzt.

Wer hat noch Erfahrungen mit Sedierungen im niedergelassenen zahnärztlichen Bereich? Ich würde rückblickend ein Antiemetikum prophylaktisch geben (Dexamethason, Ondansetron). Was könnte man noch besser/anders machen?

Vielen Dank für Ihre Rückmeldungen!“

 

„Ich bin Anaesthesist im 32. Berufsjahr, davon die letzten 14 Jahre in eigener Praxis.

Wenn ich auch selber Ihr angewendetes Verfahren nicht favorisiere, so halte ich es doch für seltsam, dass bei unveränderter Strategie jetzt plötzlich der Patientenoutcome so drastisch schlechter geworden sein soll. Der Schilderung nach hätte ich eher den Verdacht, dass sich die Kommunikation zwischen Ihnen und dem ZA für Sie nicht wahrnehmbar verschlechtert hat, oder dass Sie zu zarten Hinweisen auf vorangegangene Fälle nicht nachgegangen sind. Könnte das sein? Sind Sie zu teuer oder zu pingelig oder zu sonstwas?
Sind bei diesem ZA auch Intubationsnarkosen in Ihrem Portfolio? Möglich, dass Ihr Zahnarzt jetzt meint, so ein bißchen Narkose machen könne er jetzt selbst machen – schließlich habe er Ihnen lang genug zugeschaut.

Oder, falls die Patienten von Ihnen vorab nicht gesehen/ instruiert worden sind, kann es sein, dass das zahnärztliche Personal es mit der Nüchternheitsaufklärung nicht (mehr) so genau nimmt? Gibt es beim ZA-Personal viel Fluktuation? Fragen Sie unmittelbar präop nochmal explizit und nicht-suggestiv, wann die Patienten zuletzt gegessen/ zuletzt getrunken haben?
Bei ausreichender Oxygenierung und ausreichender Flüssigkeitszufuhr via Infusion (!) ist Übelkeit auch ohne Ondansetron oder Dexa eher selten. Obwohl: bei vielen Zahneingriffen macht Dexa durchaus Sinn als antiphlogistisches Instrument und wird deshalb im Rahmen von Osteotomien oder Multizahnextraktionen von mir gern gegeben.
Analgosedierungen erfordern auch von der zahnärztlichen Stuhlassistenz ein gewisses Maß an Geschick. Ein von gerade erst angelernten Helferinnen ungeschickt bedienter Sauger führt zu wiederholtem Würgreiz bei den Patienten. Das wird der ZA eher methodisch Ihnen anlasten als seiner Helferin, darauf würde ich achten.

Einen Kooperationspartner, der Probleme nicht offen anspricht, sondern kündigt wegen nicht-besprochener Probleme, sollten Sie gut entbehren können, egal aus welcher Fachdisziplin!

Befragen Sie Ihr Gewissen, wenn das rein ist, machen Sie sich keinen Kopf. Die Marktsituation spricht für uns, gute Anaesthesisten gibt es deutlich weniger als stoffelige und kommunikationsunfähige Zahnärzte. Wenn Sie eine kollegenunabhängige Meinung über den Patientenoutcome haben möchten, dann führen Sie doch standardisierte Befragungsbögen ein und geben Sie sie den Patienten mit!“

Anästhesist


„Sedierung mit Propofol ca 5ml/h bei bekannter PONV Ondansetron 2 x 2 mg anfangs und zum Schluß drücke stabil halten mit Akrinor“

Anästhesist


„Ich kann den Kollegen nur zustimmen. Die angeblichen Probleme sind wahrscheinlich nur ein Vorwand um Sie loszuwerden! Nicht traurig sein, es ist nicht schade um diesen Dentisten!
In unserer Praxis geben wir Nalbuphin zur postop. Schmerztherapie zusammen mit Metamizol, Diclofenac und Parazetamol, allerdings nie mehr als 15 mg wegen sehr häufiger Übelkeit bei höheren Dosen. Die Analgos bekommen bei uns deutlich mehr Midazolam (bis 15mg) und ganz vorsichtig titriert (je 20 Microgramm) Remifentanyl (Sauerstoffsonde 2-6l/min und Monitoring nicht vergessen!). Durch die kurze Wirkdauer hat man nach Op-Ende keine Opiateffekte mehr.“

Anästhesist


„Ich bin seit 20 Jahren als niedergelassener Anästhesist tätig, während der gesamten Zeit auch in der Zusammenarbeit mit Zahnärzten und Kieferchirurgen. Sedierungen in der Zahnheilkunde sind nicht ganz unproblematisch, da bei nicht ausreichendem Luftholen des Patienten die Sauerstoffzufuhr ja durch das OP-Gebiet erschwert wird. Wir plädieren aus diesem Grund eher für eine sichere ITN. Sollte die Sedierung aber nicht zu umgehen sein, dann Midazolam oder/und Propofol. Die Vermutung, dass der Zahnarzt hier die stark propagierte Lachgasnarkose selbst durchführen möchte, würde ich in jedem Fall unterstützen. Gerade durch immer wieder in der Zahnarztpraxis vorkommende Zwischenfälle, muss der Sicherheitsstandard für die Patieneten dem Krankenhausniveau entsprechen.“

Anästhesist


„Wenn man in der Presse von Anästhesie Komplikationen mit fatalem Ergebnis hört, sind das fast ausschließlich Zwischenfälle aus ambulanten Zahnarztbehandlungen. Ein sehr komplikationsträchtiger Bereich, von dem vermutet werden darf, dass zugunsten der „Machbarkeit“ Kompromisse bei der Sicherheit eingegangen werden. Zumindest scheint das seitens der Zahnärzte immer wieder eingefordert zu werden. Mein Rat: Wenn Sie in solchen Einrichtungen tätig sind, standhaft Sicherheitsstandards einhalten:“

Anästhesist


„Unsere Praxis versorgt mehrere Zahnärzte und MKG-Chirurgen mit Anästhesien. Sowohl „auf Kasse“ als auch als Selbstzahlerleistung, als auch für privat Versicherte. Analgosedierungen vermeiden wir, weil das weder nach GOÄ noch nach EBM korrekt (!!) so abrechnungsfähig, dass „es sich rechnet“. Denn bei einer Analgosedierung ist die Arzt-Manpower genauso hoch (mindestens) wie bei einer Narkose. In beiden Fällen muss ich konstant dabei bleiben. In beiden Fällen brauche ich ein Narkosegerät vor Ort (es sei denn, ich handele grob fahrlässig). Und ganz wichtig: in beiden Fällen muss ich qualifiziertes Asssistenzpersonal haben. Lediglich die Medikamentenkosten liegen etwas niedriger. Jetzt mag man mir Geldgier vorwerfen – aber warum soll ich eine ärztliche Leistung erbringen, wenn ich sie schlechter bezahlt bekomme als z. B. die Reinigungskräfte, die ich bezahle.“

Anästhesist


„Manchmal liegen einem gerade die „Kleinen“ am Herzen, deshalb mache ich es nach Gefühl, Ökonomie ist nicht alles.
Von 2 Zahnärzten wird mir aktuell zugetragen, dass sich „Patienten“ telefonisch nach Preisen und Modalitäten erkundigen, insbesondere Festpreise für Analgosedierungen erkunden wollen. Ich habe beide ZAe angewiesen, keine entsprechenden Auskünfte am Telefon zu geben. Man möchte mir bitte Anfragen zu dem Thema erst vorstellen, wenn der ZA demjenigen in den Mund geschaut hat und selber Analgo befürwortet. Es handelt sich in 4 solchen Fällen tel. Erkundung bei 2 Praxen immer um 4×8 als Eingriff, und immer seien es Patienten, die in der Praxis nicht bekannt seien.“

Anästhesist

Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren