Die ersten 180 Tage nach Markteintritt entscheiden über den Erfolg eines Präparats. Der Druck in dieser Zeit ist enorm, denn 66 % aller Launches erzielen nicht die erwarteten Ergebnisse. Neben dem Risiko des Scheiterns birgt die Launch-Phase aber auch die Chance für überdurchschnittlichen Erfolg. Wir haben 3 aktuelle Studien analysiert, die zeigen, worauf es in der Launch-Phase ankommt.

Bain & Company: taktisch, praktisch und konkret

Die Studie von Bain & Company (How to make your Drug Launch a Success, 2017) ist der praktischste Ansatz der 3 analysierten Studien und fasst die Erkenntnisse aus über 20 Markteinführungen zusammen. Sie ordnet die Effektivität verschiedener Launch-bezogener Maßnahmen ein und zeigt eine organisatorische Struktur auf, welche die erfolgreichsten Unternehmen für ihre Launches nutzen.

1. Unterschätzt und überbewertet: Welche Maßnahmen machen Produkteinführungen erfolgreich?

Bain & Company befragten in ihrer Studie 100 in Launch-Situationen erfahrene Führungskräfte und untersuchten 20 Aktivitäten bei Markteinführung auf deren tatsächliche und wahrgenommene Effektivität. Sie kommen zu folgenden Erkenntnissen:

1. Marktforschung und KOL-Fürsprache bilden die Basis eines Launchs

In ihrer Studie kommen Bain & Company zu dem Ergebnis, dass Maßnahmen wie die Fürsprache von KOLs zu gewinnen oder auch eine umfassende Marktforschung vor Launch wichtige Basics sind. Unternehmen handeln richtig, wenn sie auf diese setzen. Diese Basics sind aber noch keine Garantie, dass ein Launch über alle Maßen erfolgreich ist.

2. Insights-based Messaging macht Kommunikation erfolgreich

Unternehmen mit erfolgreichen Launches setzen auf die Kraft von Insights-based Messaging. Mithilfe von Ärzte-Feedback und Analysen erlangen sie ein tiefes Verständnis der Informationsbedürfnisse ihrer Zielgruppe und basieren ihre Botschaften darauf.

Ein andere effektive Maßnahme wird von Pharmaunternehmen bereits genutzt: Direkt nach dem Launch werden Studien erhoben, um so mögliche Lücken in den eigenen Daten zu schließen und auch um eine bessere Datenqualität als die Konkurrenz zu erlangen.

3. Ärzte aus der Mitte gehören mit zu den effektivsten Launch-Maßnahmen

Eine effektive – jedoch vielfach unterschätzte – Maßnahme für einen erfolgreichen Launch ist die Fürsprache von „Ärzten aus der Mitte“. Die erfolgreichsten Markteinführungen bezogen die Early Adopters unter den Ärzten in ihre Kommunikation mit ein.

Ein weiterer wichtiger, jedoch unterschätzter Aspekt, ist das Feedback des Außendienstes einzusammeln und zu nutzen.

Von ebenso wichtiger Bedeutung nennt die Studie die Art und Weise, wie ein Unternehmen ihre Markteinführung organisiert. Die erfolgreichsten sind in sogenannten Micro Battles organisiert.

2. Kampfplatz Markteinführung – die Kraft von Micro Battles

Unternehmen mit den erfolgreichsten Markteinführungen organisieren sich heute in einer Micro-Battle-Herangehensweise:

Sie haben erkannt, wie wichtig es ist, kritische Stimmen zum Präparat früh zu identifizieren und schnell zu handeln, bevor sie „Fahrt aufnehmen“ können. Wird beispielsweise auf einen kritischen Kommentar schnell und konstruktiv geantwortet, verhindert dies nicht nur einen möglichen „Shit Storm“. Die kritische  Äußerung hat außerdem einen positiven Effekt, weil das Unternehmen Transparenz demonstrieren konnte und eine Frage, die sich womöglich mehrere Ärzte gestellt haben, beantworten konnte.

Micro Battles können dann erfolgreich organisiert werden, wenn das Launch-Team crossfunktional und eng zusammenarbeitet und einen Head of Launch an der Spitze hat, der direkt dem CEO untersteht.

McKinsey – der Deep Dive in erfolgreiche Markteinführungen

Die Studie „beyond the storm“ von McKinsey ist ein wirklicher Deep Dive in Pharma Launches. Sie untersucht sämtliche Aspekte eines Unternehmens und richtet sich dabei eher an die C-Suite. Interessanterweise kommt sie zu dem Ergebnis, dass Launches durchschnittlich umso schlechter laufen, je mehr Launches eine Organisation durchführt. Aus Sicht von McKinsey gibt es vier Faktoren, die eine Organisation als „Launch Powerhouse“ aufstellen:

1. Die Fundamente

Damit ein Launch erfolgreich wird, muss ein Unternehmen die Fundamente beherrschen. Diese sind laut McKinsey:

Die Launch Roadmap:

Für die meisten Unternehmen ist das keine Neuigkeit. Es braucht einen detaillierten Arbeitsplan, in dem die 200 bis 700 Aktivitäten und Fristen, die zum Launch hinführen, festgehalten werden.

Überwachung des Fortschritts globaler und regionaler Aktivitäten:

Best-Practice-Unternehmen führen monatlich eine globale Bereitschaftsprüfung durch, die auf objektiven Qualitätsstandards basiert und die als Gelegenheit dienen soll, um Hilfe zu bitten.

Überwachung des Fortschritts anhand objektiver (Soft-) KPIs:

Erfolgreiche Launches zeigen Anzeichen für einen Erfolg lange vor dem eigentlichen Datum des Markteintritts. Indikatoren wie funktionsübergreifende Zusammenarbeit, Mitarbeiterbegeisterung und Begeisterung in der medizinischen Gemeinschaft geben schon früh einen Überblick, ob eine Markteinführung auf dem richtigen Weg ist.

2. Die drei bis fünf wichtigsten Aktivitäten

Mehr ist meistens nicht besser. Je nachdem in welcher Launch-Situation sich ein Unternehmen befindet, empfiehlt McKinsey, sich auf drei bis fünf Aktivitäten zu konzentrieren, die den Launch wirklich beeinflussen. Welche das sind, hängt vom Launch-Szenario ab. McKinsey teilt sie in vier Kategorien auf:

Go for Gold:

Hat das Produkt eine hohe Differenzierung und operiert es in einem Feld mit hohen ungestillten medizinischen Bedürfnissen, empfiehlt McKinsey viel interne Ressourcen auf den Launch zu schieben und so schnell wie möglich Aufmerksamkeit zu schaffen. Knapp ein Viertel aller Launches fallen in diese Kategorie. Ein Beispiel dafür ist Zytiga von Johnson & Johnson.

Stand out from the Crowd:

Etwas mehr als die Hälfte aller Markteinführungen befinden sich in einem Umfeld mit wenig Produktdifferenzierung und gedecktem medizinischen Bedarf. Diese Präparate müssen einen Weg finden, um „aus der Masse herauszustechen“. Hier sind besonders innovative Herangehensweisen und Insights in Verhalten und Bedürfnisse der Ärzte gefragt.

Category Creator:

Für 15 % aller Launches muss der Fokus im Launch auf Aktivitäten liegen, welche die „Unmet Needs“ einer Patientengruppe herausarbeiten und gleichzeitig sicherstellen, dass der Zugang zum Präparat für diese Patientengruppen gegeben ist.

Market Shaper:

Nur 8 % aller Markteinführungen befinden sich in einer Umgebung mit niedrigen ungestillten medizinischen Bedürfnissen und einem Produkt ohne große Differenzierung. Entscheidet sich ein Unternehmen zu einem solchen Launch, muss der Fokus darauf liegen, ungedeckten Bedarf in Erfahrung zu bringen und gezielt zu bedienen.

3. Eine Launch Academy

Erfolg oder Misserfolg einer Markteinführung liegen meistens in der Hand von etwa 150 bis 200 Mitarbeitern. Dazu zählen die globalen crossfunktionalen Teams aus Marketing, Medical usw. und die Teams aus den Top 10 Märkten.

Idealerweise sind diese Mitarbeiter Launch-erfahren und haben in der jüngeren Vergangenheit bereits zwei oder mehr Launches begleitet. In der Realität ist das oftmals nicht gegeben. Um diesen Mangel an Erfahrung auszugleichen, empfiehlt McKinsey eine Academy, bei der diese Mitarbeiter Zeit mit erfahrenen Launch-Experten verbringen, Case Studies studieren und die Stärken, Schwächen und Lektionen vergangener Launches diskutieren. Daneben erhalten sie individuelles Training und Coaching „on the job”.

4. Das richtige Launch Mindset

Kultur und Mindset sind schwer greifbare Begriffe – das heißt aber nicht, dass sie nicht weniger wichtig sind. McKinsey beschreibt, dass sich außergewöhnlich erfolgreiche Launches „anders anfühlen“: Es herrscht ein Verständnis von „wir machen das gemeinsam“. Die Geschäftsführung sieht sich als Problem-Löser. Hohe Ansprüche sind gepaart mit einer Bereitschaft, Herausforderungen zu antizipieren, die dem Präparat bevorstehen werden.

IQVIA – Wie sich Markteinführungen verändert haben

Vor 10 Jahren publizierte IMS Health (jetzt IQVIA) eine Studie, genannt Launch Excellence. Im aktuellen Whitepaper „Launch Excellence V“ untersucht IQVIA, was sich geändert hat und wie sich Unternehmen zukünftig für gute Markteinführungen aufstellen können.

Neue Präparate richten sich an spezialisierte Indikationen

Der Fokus liegt dabei auf den Marktgegebenheiten, die sich verändert haben. Während zwischen 1995 und 2003 nur 18 % der Präparate in spezialisierten Indikationen gelauncht wurden, waren es zwischen 2011 und 2015 bereits 87 %. Der Trend bewegt sich allgemein immer mehr zu Markteinführungen von Präparaten mit vergleichsweise hohen Kosten und niedrigen Patienten-Populationen, die vor allem von Spezialisten behandelt werden.

Die Gründe dafür sind vor allem darin zu finden, dass die Bedürfnisse für die medizinische Grundversorgung vielseitig bereits gestillt sind und neue Präparate vor allem in Bereichen Sinn machen, in denen Therapien unzureichend, alt oder schlicht nicht existent sind. Allerdings werden diese auch in der spezialisierten Versorgung immer weniger.

Deswegen werden die nächsten Launches zunehmend in den Bereichen der seltenen und sehr seltenen Erkrankungen stattfinden, in denen es immer noch ungestillten Bedarf (Unmet Needs) gibt. Oder Unternehmen finden sich zunehmend in Umfeldern wieder, in denen es bereits Therapien gibt und der ungestillte Bedarf immer kleiner ist.

Spezialisierung rückt Patienten und Multichannel mehr in den Fokus

Die zunehmende Spezialisierung verändert wesentlich, wie erfolgreiche Launches heute aussehen. Die größte Veränderung sieht die Studie vor allem in der zunehmenden „Patient und Physician Centricity“, die Unternehmen aufgrund der immer kleineren Zielgruppen anstreben müssen. Das erfordert eine reife Multichannel-Strategie, die eine effektive und konsistente Kommunikation über viele Kanäle ermöglicht, wobei sich der Arzt selbst entscheiden kann, wie er mit dem Unternehmen in Kontakt treten will.   

Launch

Erfolgreiche Markteinführungen mit coliquio

Befinden Sie sich in den Vorbereitungen zu einem Launch oder Pre-Launch? Gerne zeigen wir Ihnen, wie wir Produkt-Einführungen erfolgreich begleitet haben und loten gemeinsam aus, wie wir Sie in dieser wichtigen Phase am besten unterstützen können.

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