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Subcutaneous abdomen insulin injection with syringe

Eine Allgemeinmedizinerin stellte kürzlich diese Frage ein:
„Es ist Urlaubszeit. Immer wieder fragen Patienten mit und ohne Risikofaktoren nach einer Thromboseprophylaxe bei Flugreisen. Was empfehlen Sie, auch vor dem Hintergrund der neuen oralen Antikoagulantien für diese Indikation (off-Label, wie ja auch alle Heparine) den nachfragenden Patienten, bzw. was machen Sie selbst?“

Ein Allgemeinmediziner startet mit seiner persönlichen Prophylaxe, die er vor seinem anstehenden USA-Flug einsetzt: Da er eine ausgeprägte Varikose habe, nehme er vorher 10 mg Xarelto ein. Bei Flügen unter 3 Stunden halte er das aber für entbehrlich.
Ein chirurgischer Kollege rät ihm daraufhin, diese Einnahme besser wegzulassen und stattdessen ganz klassisch Kompressionsstrümpfe zu tragen. Ebenso helfe viel Trinken und ein Gangplatz.

Ob ASS nur im arteriellen Gefäßbereich effektiv ist, darüber tauschen sich gleich mehrere Ärzte aus und bestätigen die Erfahrungen, dass ASS auch im venösen Bereich wirken würde.

Seinen schwangeren Patientinnen gebe ein Frauenheilkundler stets 2 Spritzen Clexane 40 mg mit, die sie sich jeweils vor dem Flug spritzen können. Für alle anderen Patienten rät er zur Konsultation des Hausarztes.

Ein Chirurg erläutert ausführlich die Problematik von NMH (Niedermolekulares Heparin), welches laut Herstellerangaben keine Temperaturen über 40 Grad vertragen würde und daher auf Flügen gekühlt werde müsse – was faktisch unmöglich sei. Eine Heparin Prophylaxe sei außerdem nur für Flüge über 12 Stunden ratsam und nach individueller Absprache mit dem Arzt.
Für ihn sei das Tragen von sog Reisestrümpfen ratsam, bei persistierenden und bekannten Ödemen Pflicht.

Eine Schweizer Frauenheilkundlerin bringt ein, dass sie in der Schweiz vermehrt Gendefekte hätten, die eine erhöhte Neigung zu Thrombosen bedingen würden. Trotzdem vertreten deren Gerinnungsspezialisten die Ansicht, dass es für niedermolekulare Heparine bei Menschen ohne Thrombosen in der Anamnese keine Evidenz geben würde.

Ein deutscher Kollege der Allgemeinmedizin pflichtet den bisherigen Anregungen nach Trinken, Bewegung und Stützstrümpfen bei, rät aber auch, bei Risikopatienten sehr wohl über ASS, NMH oder NOAKs nachzudenken.

Bezugnehmen auf die NMH-Problematik des Kühlens entgegnet ein Arzt der Inneren Medizin, dass bei Hochrisikopatienten die medikamentöse Prophylaxe bei sehr langen Reisen, mit geringer Beinfreiheit usw., berücksichtigt werden sollte – NMH seinen erprobt und wirksam und müssten nicht zwingend gekühlt transportiert werden (Auskunft bei einem großen Hersteller).

Zum derzeitigen Abschluss der Diskussion steuert ein Orthopäde einen zum Schmunzeln-bringenden Kommentar bei:
„Man kann auch in der Holzklasse dadurch, dass man die Füße immer wieder dorsal- und platarflektiert, den Blutrückfluß unterstützen, um die Sprungelenke gibt es venös einen Ventileffekt. Und auf Langstreckenflügen kann man immer mal wieder umhergehen, in Jumbos sogar im Kreis.
Gibt es eigentlich Untersuchungen, ob die sogenannten Reisestrümpfe wirklich eine Druckerköhung in den Venen bewirken oder ob sie nur dadurch arbeiten, dass sie stören und dass man dann die Beine bewegt?“

 

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