Langsam kehrt die Normalität zurück und der Pharma-Außendienst kann seine persönlichen Besuche wieder aufnehmen. Wie erfolgreich ist er damit momentan? Wurde der Shutdown genutzt, um neue Wege zu gehen? Wir haben uns bei unseren Partnern aus der Pharmaindustrie umgehört und persönliche Stimmen sowie aktuelle Umfrageergebnisse für Sie zusammengefasst.

Wie gut erreicht der Außendienst seine Zielärzte aktuell?

Die meisten großen Unternehmen, mit denen wir gesprochen haben, haben in den letzten Wochen ihre Außendienstbesuche wieder aufgenommen. Sie gehen dabei jedoch vorsichtig vor, um die Mitarbeiter sowie die besuchten Ärzte und deren Patienten zu schützen. In unserer Umfrage unter 58 Marketing-Verantwortlichen aus der Pharmabranche gaben 69 % an, dass ihr Außendienst zum Teil wieder persönliche Besuche macht. Nur 28 % tun dies bereits in vollem Umfang – 3 % sind noch gar nicht unterwegs.

Viele von uns haben sich vor allem zu Beginn der Krise gefragt, ob der Außendienst durch den Shutdown langfristig an Relevanz verliert. Die Sorge: Gewöhnen sich die Ärzte erst einmal daran, ohne ihren Pharma-Vertreter klarzukommen, möchten sie auch in Zukunft keinen Außendienst mehr empfangen. Das hat sich so pauschal nicht bewahrheitet. Was sich allerdings zeigt, ist, dass Ärzte derzeit deutlich klarer äußern, ob sie Besuche möchten oder nicht.

Die Präferenzen der Ärzte haben sich verstärkt

Was wir von verschiedenen Stellen mitbekommen haben: Ärzte, die Außendienst-Besuchen schon vor der Krise eher kritisch gegenüberstanden, blocken diese jetzt noch stärker ab. Auf der anderen Seite freuen sich Ärzte, die vorher schon offen waren, jetzt noch mehr über die Wiederaufnahme der persönlichen Treffen. Eine Challenge ist es momentan also, sehr kritische Kunden wieder vom Nutzen des Außendiensts-Besuches zu überzeugen. Gleichzeitig besteht die Chance, die guten Kontakte, die ein Unternehmen hat, jetzt intensiv zu pflegen.

Viele Ärzte freuen sich wieder über den persönlichen Austausch

Aus unserer Umfrage ging klar hervor: Der Außendienst hat in den letzten Wochen viele positive Rückmeldungen von den besuchten Ärzten erhalten. Nach all den Monaten freuen sich viele Ärzte wieder über den Direktkontakt. Das unterscheidet sich jedoch stark innerhalb der einzelnen Disziplinen. Während bei vielen Fachärzten noch Ruhe herrscht, sind die Wartezimmer vieler Hausarztpraxen wieder voll. Patienten, die ihre Routineuntersuchungen oder nötigen Behandlungen während der Krise verschoben hatten, holen diese jetzt nach.

Grundsätzlich bewerten die Teilnehmer unserer Umfrage die Erreichbarkeit ihrer Zielgruppenärzte positiv. Über die Hälfte der befragten Marketing-Verantwortlichen sagt, ihre Zielgruppe sei sehr gut oder eher gut erreichbar.

Wie gut ist die Zielgruppe Face-2-Face erreichbar

Klinikärzte sind derzeit noch schlecht erreichbar

Unternehmen, die vorrangig Kliniker ansprechen, haben derzeit noch am stärksten mit der Krise zu kämpfen. Die Kliniken haben aufgrund von Covid-19 nach wie vor strenge Restriktionen, weshalb es für Unternehmen kaum möglich ist, die dort tätigen Fachärzte persönlich zu treffen. Dafür scheint die Qualität der Besuche momentan sehr hoch zu sein.

Patrick Suether

„In den Kliniken bekommen wir momentan sehr gut Termine, meist direkt beim Chefarzt oder Oberarzt. Da es aufgrund der Hygienevorschriften nicht möglich ist, Ärzte direkt in den Ambulanzen oder Stationen anzusprechen, erreichen wir insgesamt weniger Kliniker. Die Kontakte, die wir haben, sind dafür aber umso wertvoller. “

 

Patrick Süther
Managing Director, Santen GmbH

Was hat sich verändert – und was ist noch im Wandel?

Viele Unternehmen haben den Shutdown genutzt, um einen Schritt zurückzutreten. Welche Schwachstellen in unserer Kommunikation hat die Krise aufgedeckt – und noch wichtiger:  Wie stellen wir uns auf, um uns für eine eventuelle zweite Welle zu wappnen? Manche Unternehmen stellten schmerzhaft fest, dass Opt-ins für die digitale Ansprache fehlen. Andere litten unter einer fehlenden Infrastruktur, um Ärzte nicht nur über das Telefon anzusprechen.

Bestehende Kundenkontakte wurden intensiviert

Vor allem zu Beginn der Pandemie, als das Ausmaß noch nicht abzuschätzen war, war in der Arztkommunikation Fingerspitzengefühl gefragt. Die meisten Ärzte standen extrem unter Druck, mussten mit der neuen Situation umgehen, ihr Praxismanagement umgestalten, Hygienemaßnahmen umsetzen, sich in rechtliche Themen einarbeiten. Insbesondere Unternehmen, die sich in dieser Zeit bewusst darauf konzentriert haben, ihre Ärzte bei diesen akuten Herausforderungen zu unterstützen, konnten die Beziehung zum Arzt stärken.

Patrick Suether

„Wir haben zu Beginn des Shutdowns ganz klar gesagt: Was unsere Ärzte jetzt sicherlich nicht brauchen, ist noch eine Broschüre zu einem unserer Präparate. Stattdessen haben wir handgeschriebene Briefe verschickt. Der zuständige Außendienstmitarbeiter hat sich darin nach dem Befinden erkundigt und noch eine Packung Alltags-Masken beigelegt. Die Resonanz darauf war riesig – unsere Mitarbeiter bekamen hunderte Briefe, Anrufe, Sprachnachrichten und E-Mails. Dadurch hatten wir in den Monaten März und April fast genauso viele Kontakte wie vor der Krise.“

 

Patrick Süther
Managing Director, Santen GmbH

Die Relevanz von digitalen Kanälen muss noch verinnerlicht werden

In den meisten Unternehmen, die wir befragt haben, nahmen die Außendienstmitarbeiter die digitalen Kanäle gut an. Der E-Mail-Austausch zwischen Außendienst und Arzt hat stark zugenommen – das ist auch im Interesse der Ärzte, wie eine kürzlich durchgeführte Befragung zeigt. Auch Video-Calls sind in vielen Unternehmen heute fester Bestandteil in der Arztansprache. Und viele waren überrascht, wie gut ihre Zielgruppe Web-Seminare annimmt.

Hier neue Wege zu gehen, bedeutete zwar zunächst ein Verlassen der Komfort-Zone, wie uns ein Pharma-Marketing-Verantwortlicher berichtete. Doch er beobachtete auch einen Lerneffekt auf beiden Seiten: Sowohl die Außendienstmitarbeiter als auch die Ärzte erkannten schnell den Mehrwert und die Zeitersparnis durch den digitalen Austausch. Das wird einen Langzeiteffekt haben: Denn was sich in der Krise als nützliches Tool erwiesen hat, das nutze ich auch langfristig.

Nutzung digitaler Kanäle

Ob digitale Kanäle etabliert und neue, vielversprechende Wege identifiziert wurden, hängt jedoch stark von der Unternehmenskultur und vom Mindset des Außendiensts ab. Verschiedene Teilnehmer unserer Umfrage berichteten, dass ihr Außendienst bereits zur Routine zurückkehrt und die Nutzung digitaler Kanäle wieder abnimmt. An vielen Stellen wurde offenbar noch nicht verinnerlicht, dass sich die Informationsgewohnheiten der Ärzte durch die Krise nachhaltig verändert haben.

Wir brauchen Strategien, um uns in der Informationsflut abzuheben

Ein weiteres Learning der Krise ist, dass Unternehmen ihre Themen sehr sorgfältig planen und gezielt ausspielen müssen, um Ärzte nicht mit digitalem Content zu überfrachten. Ein Weg kann es sein, Themen zu bündeln und unnötige Touchpoints zu vermeiden. Also zu schauen: Wie viele E-Mails bekommen unsere Zielärzte derzeit von unserem Unternehmen? Wo können wir eventuell Themen bündeln und nicht nur ein einzelnes Präparat oder Krankheitsbild besprechen, sondern alle, die für den entsprechenden Arzt relevant sind?

Welches relevante Wissen können wir dem Außendienst an die Hand geben?

Um möglichst präzise an den Bedürfnissen der Zielärzte anzusetzen, braucht der Außendienst tagesaktuelle Daten. Sind Covid-19-Themen noch gefragt oder ging das Interesse bereits zurück? Was sind gerade die drängendsten Fragen? Welche Rückfragen habe ich auf digitale Inhalte erhalten und was kann ich davon für andere geplante Maßnahmen ableiten?

Gerne besprechen wir mit Ihnen, welche Möglichkeiten Sie auf coliquio haben, um Ihre Arztkommunikation über alle Kanäle hinweg krisensicher zu machen.

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Nathalie Haidlauf
Nathalie Haidlauf
berichtet für coliquio Insights über die wichtigsten Marketing-Trends und liefert Inspirationen für die Pharmakommunikation der Zukunft.